Verfahrensgang
AG Tecklenburg (Aktenzeichen 7 OWi 79 Js 1662/09 (188/09)) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben, § 80 Abs. 1, 4 S. 3 OWiG).
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene, §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO
Gründe
Zusatz
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat wie folgt Stellung genommen:
"Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden. In der Sache ist ihm der Erfolg jedoch zu versagen.
Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 250,00 EUR verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gem.
§ 80 Abs. 1 OWiG nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, oder wenn es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs vermag dem Zulassungsantrag unabhängig von der Frage ihrer ordnungsgemäßem Erhebung nicht zum Erfolg zu verhelfen, da die durch den Zeugen G eingereichte Abstandsberechnung kein neues Beweismittel darstellt. Der darin aufgeführte Messwert von 44,3 m ergibt sich bereits aus der dem Verteidiger des Betroffenen im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis gebrachten Bl. 21 d.A..
Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze über die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (zu vgl. OLG Hamm, VRS 56, 42 f). Eine Zulassung unter diesem Gesichtspunkt kommt daher nur bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht (zu vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80, Rdnr. 3 m.w.N.). Solche Rechtsfragen zeigt der Antrag des Betroffenen nicht auf, da er sich lediglich gegen die fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall wendet.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn sonst schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen würden, wobei bei einer Fehlentscheidung, die sich nur im Einzelfall auswirkt, die Einheitlichkeit noch nicht gefährdet ist (zu vgl. Göhler, a.a.O., § 80, Rdnr. 4 und 5).
Mit dem Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 kann der Betroffene insoweit jedoch nicht gehört werden, da der dort entschiedene Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss festgestellt, dass die Rechtsauffassung, die mittels einer Videoaufzeichnung vorgenommene Geschwindigkeitsmessung könnte auf einen Erlass eines Ministeriums gestützt werden, unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar und daher willkürlich ist. Vorliegend ergibt sich indes die Rechtsgrundlage für die Erfassung personenbezogener Daten mittels Videoverfahren zur Verkehrsüberwachung aus den einschlägigen bundesrechtlichen Vorschriften. Für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch Abstandsunterschreitungen sind dies § 24 StVG, §§ 4, 49 StVO, §§ 53, 46 OWiG i. V. m. § 100 h StPO, wonach Datenverarbeitungen mittels dieser Verfahren dann zulässig sind, wenn der konkrete Verdacht einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat vorliegt. Dies ist hier der Fall.
Eine permanente Aufzeichnung personenbezogener Daten ist bei dem vorliegend eingesetzten System nicht vorgesehen. Das hier zur Abstandskontrolle verwendete System VKS 3.1 der Fa. VIDIT arbeitet mit einer automatischen Verstoßvorselektierung. Dabei werden die Aufnahmen der Identifizierungskamera nur dann gespeichert, wenn das System zuvor - über die Tatkamera - einen Verstoß erkennt. Die Messung und Speicherung war mithin zulässig. Eine Abweichung des Amtsgerichts von der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt insoweit nicht vor.
Soweit der Betroffene die fehlenden Feststellungen hinsichtlich der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StVO sowie die fehlerhafte Berücksichtigung einer Voreintragung rügt, bestünden - auch die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt - keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um mehrmalige Abweichungen handeln könnte oder in einem wesentlichen Ausmaß mit einer fehlerhaften Beurteilung in weiteren Fällen zu rechnen ist."
Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich an.
Fundstellen
Haufe-Index 2576708 |
NJW-Spezial 2010, 107 |