Leitsatz (amtlich)

Allein die Behauptung unzutreffender Würdigung von Beweisen begründet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

 

Normenkette

OWiG §§ 77b, 80 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Entscheidung vom 17.11.2008)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Recklinghausen hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 17. November 2008 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit (Nichteinhalten des Mindestabstands zu einem vorausfahrenden Fahrzeug) gemäß den §§ 4 Abs. 3, 49 StVO, § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 50,00 EURURO verhängt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Betroffenen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig, da er frist- und formgerecht angebracht worden ist.

Da die festgesetzte Geldbuße nicht mehr als 100,00 Euro beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den sogenannten weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 OWiG) oder, wenn das Urteil wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Bei einer Verurteilung bis 100,00 Euro kann die Rechtsbeschwerde nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden; die Zulassung ist insoweit bei Verstößen bis 100,00 Euro noch weiter eingeschränkt.

Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist daher schon unzulässig.

Soweit der Betroffene die Versagung des rechtlichen Gehörs rügt, ist auch diese Rüge bereits unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 StPO entspricht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu zutreffend Folgendes ausgeführt:

"Um die Zulässigkeit der Rüge zu begründen, müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Beschwerdegericht schon anhand des Zulassungsantrages ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (zu vgl. Göhler, OWiG, § 79, Rdnr. 27d). Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht, der seinen Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages des Betroffenen hat, und wenn durch sie zugleich das unabdingbare Maß verfassungsrechtlich verbürgten rechtlichen Gehörs verkürzt wird. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass einerseits dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich dem Gericht gegenüber zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen und soll andererseits das Gericht dazu verpflichten, seine Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (zu vgl. BVerfG, NJW 1992, 2811 f.; OLG Hamm, Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - 2 Ss OWi 335/05 -)

Hier trägt der Betroffene jedoch gerade nicht vor, dass das Gericht seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht berücksichtigt hätte. Die Rüge erschöpft sich vielmehr in Darlegungen, das Gericht habe die erhobenen Beweise nicht richtig gewürdigt und hätte von Amts wegen weitere Beweise erheben müssen. Nicht mitgeteilt und auch nicht ersichtlich ist, dass das Gericht Erklärungen oder Anträge des Betroffenen nicht zur Kenntnis genommen oder Anträge willkürlich zurückgewiesen hätte."

Aber auch die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt vorliegend nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, welche die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts gebietet, wie es bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht kommt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 05. Oktober 2009 Folgendes ausgeführt:

"Die allein materiell-rechtlich vorzunehmende Überprüfung des Urteils führt nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts gebietet.

Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts kommt nur bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht (zu vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m.w.N.).

Allerdings fehlen hier die grundsätzlich erforderlichen Urteilsgründe. Bei dem nicht unterschriebenen Urteil (BI. 22 ff. d.A.) handelt es sich ersichtlich um einen Entwurf und nicht um die Urteilsgründe. Aufgrund der langfristigen Erkrankung der Richterin wurde dem Verteidiger eine Abschrift des Protokolls des ...

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