Leitsatz (amtlich)
Die infolge eines Unterlassungsurteils vorzunehmende Löschung der Dateien der klagenden Person und Aufnahme der E-Mail Adresse in eine Liste der für den Versand von Werbung gesperrten E-Mail Adresse beschwert den Versender bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachungsweise mit weniger als 600 EUR.
Normenkette
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 18.06.2014; Aktenzeichen 8 O 55/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das am 18.6.2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hagen (Az: 8 O 55/14) wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte und Berufungsklägerin.
Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf bis zu 600 EUR festgesetzt.
Der Streitwert für die erste Instanz wird - unter Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung - auf 1.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung zur Unterlassung der Zusendung von E-Mail-Werbung an die Klägerin als eine nicht zur Beklagten in einem Wettbewerbsverhältnis stehende Gewerbetreibende.
Anlass war der einmalige Erhalt einer Werbe-E-Mail durch die Klägerin, deren Versendung die Beklagte in Abrede gestellt hat.
II. Die Berufung der Beklagten war gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Denn die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht erreicht. Maßgebend für den Wert des Beschwerdegegenstandes ist das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, wobei eine wirtschaftliche Betrachtung geboten ist (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 511 Rz. 13).
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es keinen nennenswerten Aufwand erfordert, ein Unterlassungsurteil betreffend unverlangter Werbung per E-Mail durch Löschen der Daten der klagenden Person und durch Aufnahme der E-Mail-Adresse in eine Liste der für den Versand von Werbung gesperrten E-Mail-Adressen umzusetzen, so dass die Beschwer der zur Unterlassung von E-Mail-Werbung verurteilten Partei unter EUR 600 liegt (vgl. BGH MMR 2013, 169).
Die Berufungssumme ist auch nicht wegen der Verurteilung zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 480,20 EUR erreicht, da diese als Nebenforderung geltend gemacht wurden.
III. Die Entscheidung über die Kosten der Berufung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG war der Streitwert für die erste Instanz unter Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auf 1.000,- EUR festzusetzen.
Bei der Bemessung des Streitwerts gem. § 3 ZPO ist das Unterlassungsinteresse der Klägerin und somit ihre aufgrund des beanstandeten Verhaltens zu besorgende wirtschaftliche Beeinträchtigung zu berücksichtigen (OLG Hamm, NJOZ 2012, 1502).
Dementsprechend ist bei auf Unterlassung unerwünschter E-Mail- oder Fax-Werbung gerichteten Klagen von Gewerbetreibenden, die nicht in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, ein Streitwert von 1.000 EUR bei nur einer einzigen versendeten E-Mail ausreichend (vgl. Senat, Beschl. v. 11.4.2013 - I-9 W 23/13, NJW-RR 2013, 1023, 1024). Mit diesem Betrag ist das Interesse der Klägerin, von E-Mail-Werbung der Beklagten verschont zu bleiben, hinreichend berücksichtigt. Insoweit ist zu sehen, dass die Festlegung von Streitwerten nicht etwa der Generalprävention zu dienen bestimmt ist, indem etwa eine Abschreckungswirkung geschaffen würde durch Erreichung möglichst hoher Gerichts- und Anwaltskosten. Der Streitwert wegen unerwünschter E-Mail-Werbung hat sich auch nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung zu orientieren, sondern an dem Interesse des Klägers im Einzelfall, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden (BGH, Beschl. v. 30.11.2004 - VI ZR 65/04, BeckRS 2004, 12785). Auch ist ein gewisses "Abstandsgebot" zum Streitwert in Fällen körperlicher Belästigungen, Stalking usw., zu wahren (OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 - 6 U 95/13, BeckRS 2013, 20364).
Fundstellen
WRP 2015, 490 |
ITRB 2015, 88 |