Verfahrensgang

AG Steinfurt (Aktenzeichen 21C 772/10)

 

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Dortmund bestimmt.

 

Gründe

A.

Die Klägerin betreibt ein regionales Gasversorgungsunternehmen. Sie nimmt die Beklagten in unterschiedlicher Höhe auf Zahlung zurückgehaltener Entgelte für Gaslieferungen nebst Zinsen in Anspruch.

Auf Antrag der Klägerin sind gegen die Beklagten zunächst Mahnbescheide durch das Amtsgericht Hagen - Mahnabteilung - erlassen worden. Im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids hatte die Klägerin jeweils das Amtsgericht Steinfurt als das Prozessgericht benannt, an welches das Verfahren im Falle des Widerspruchs abgegeben wird. Nach Eingang der Widersprüche der Beklagten hat das Amtsgericht Hagen - Mahnabteilung - die Verfahren an das Amtsgericht Steinfurt abgegeben.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2010 hat die Klägerin beantragt, die beim Amtsgericht Steinfurt eingegangenen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander zu verbinden und den Rechtsstreit an das Landgericht Dortmund, Kammer für Handelssachen, zu verweisen.

Das Amtsgericht Steinfurt hat nach Anhörung der Parteien die dort anhängigen Verfahren durch Beschluss vom 29.10.2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Verfahrens 21 C7 172/10 verbunden, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Dortmund - Kammer für Handelssachen als Kartellkammer - verwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 60 ZPO könnten mehrere Personen gemeinschaftlich verklagt werden, wenn gleichartige Ansprüche den Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten bildeten. Das sei hier der Fall, da Gasbezugskosten gegen die Beklagten geltend gemacht würden. Die Klägerin habe in anderen Verfahren bereits einheitliche Verfahren gegen andere Beklagte durchführen wollen, was aber von den Mahngerichten aus technischen Gründen abgelehnt worden sei. In den jetzt vorliegenden Streitverfahren könne eine Prozessverbindung gemäß § 147 ZPO erfolgen. Das erscheine auch sinnvoll, um widersprüchliche Entscheidungen der unterschiedlich zuständigen Richter zu vermeiden und auch Diskrepanzen von Entscheidungen der Berufungsinstanz gegenüber nicht berufungsfähigen Amtsgerichtsentscheidungen. Bei der für eine Vielzahl gleichartiger Fälle bedeutsamen Problematik richtiger Gaspreisberechnung erscheine es auch angebracht, den Rechtszug bis eventuell zum BGH zu eröffnen. Der Gesamtwert der verbundenen Verfahren übersteige den Amtsgerichtszuständigkeitsstreitwert von 5.000,00 €, so dass gemäß § 71 Abs. 1 GVG das Landgericht zuständig sei. Die besondere sachliche Zuständigkeit der Kartellkammer des Landgerichts Dortmund ergebe sich aus §§ 102, 103 EnWG, 89 GWB in Verbindung mit der Ausführungsverordnung des Landes NRW bzw. §§ 19, 20, 87 GWB, 95 Abs. 2 GVG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts Steinfurt vom 29.10.2010 Bezug genommen.

Der Beschluss ist gemeinsam unterzeichnet vom Richter am Amtsgericht N, der Richterin am Amtsgericht N2 sowie der Richterin N3. Hierbei handelt es sich um diejenigen Richterinnen und den Richter, welche nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts Steinfurt für die Entscheidung über einzelne der vom Mahngericht abgegebenen Parallelverfahren zuständig waren.

Mit Beschluss vom 17.11.2011 hat sich das Landgericht Dortmund nach Anhörung der Parteien für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Münster verwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es unter anderem ausgeführt, eine Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund ergebe sich insbesondere nicht aus § 102 f. EnWG. Die Parteien stritten darüber, ob die Klägerin berechtigt sei, einseitig Preiserhöhungen durchzusetzen und ob diese Preiserhöhungen der Billigkeit entsprächen. Über diese Frage sei ausschließlich nach den allgemeinen Vertragsnormen des BGB zu entscheiden. Eine sich aus dem EnWG ergebende Rechtsbeziehung sei zwischen den Parteien nicht streitig. Insbesondere lasse sich die Klage nicht auf einer Norm des EnWG als Anspruchsgrundlage stützen. Das EnWG gebe dem Haushaltskunden lediglich einen Anspruch auf Grundversorgung und regle damit nur das "Ob" der Versorgung, nicht dagegen die Einzelheiten der Ausgestaltung des Individualvertrages über die Energielieferungen und die Höhe der Bezugspreise.

Die Entscheidung hänge vorliegend auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 2 EnWG von einer Vorfrage ab, über die nach dem EnWG zu entscheiden wäre. Selbst die Frage, ob die Kläger allgemeine Tarifkunden oder Sondertarifkunden der Beklagten seien, wäre nicht nach dem EnWG, sondern nach den Regelungen des allgemeinen Vertragsrechts zu entscheiden. Auch bestimme sich nicht nach dem EnWG, ob die Klägerin die Erhöhung der Preise auf Preisanpassungsklauseln stützen könne.

Eine Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund folge auch nicht aus einer Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Steinfurt entbehre, sow...

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