Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiswürdigung. Indizienbeweis. Sachrüge
Leitsatz (amtlich)
Zu den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen beim Indizienbeweis.
Normenkette
StPO §§ 261, 267; StGB § 242
Verfahrensgang
AG Lübbecke (Aktenzeichen 4 Cs 181/11) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Lübbecke - Strafrichter - zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt und folgende Feststellungen zum Tatgeschehen getroffen:
"Am 18. Mai 2011 brachte die Angeklagte gegen 03:00 Uhr ihren Ehemann zur Firma X. Sie befuhr den K-Weg aus Richtung S Straße kommend, um ihren Mann bei der Firma X abzusetzen. Anschließend drehte die Angeklagte das von ihr geführte Fahrzeug und befuhr den K-Weg zurück in Richtung S Straße.
Auf einem Parkplatz (Ecke K-Weg/An der S1), der direkt an das Firmengelände von X angrenzt, standen zwei Kühlanhänger (Sattelauflieger) der Firma X2. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Firma X. An einem Kühlanhänger standen drei Kanister (zweimal 60 Liter und einmal 25 Liter), die mit Diesel gefüllt waren. An dem anderen Anhänger stand ein leerer 20-Liter-Kanister sowie ein mit Diesel befüllter 25-Liter-Kanister, in dem ein Schlauch steckte, der zum Tank des Anhängers führte. Als der Zeuge H die Kanister gegen 03:55 Uhr bemerkte, beobachtete er, nachdem sich zwei unbekannte Personen von den Kühlanhängern entfernt hatten, dass ein Kanister überlief. Mehrere Liter Diesel gerieten somit auf den Parkplatz.
Während des Abzapfvorganges stand die Angeklagte mit dem von ihr geführten Fahrzeug Opel A am Straßenrand des K-Weges direkt neben den zwei Kühlanhängern, aus deren Tanks zuvor Diesel gezapft worden war. Die Entfernung zwischen dem Opel A und den Kühlanhängern betrug ca. 10-12 Meter. Das Fahrzeug der Angeklagten stand in Richtung C Straße (B 239) in östlicher Richtung.
Beim Eintreffen der Zeugen H und E sowie des Polizeibeamten H hatte sich die Angeklagte derart auf den Beifahrersitz gebeugt, dass sie nicht erkannt werden konnte.
Die Angeklagte wusste, dass Diesel aus den Tanks der Kühlanhänger in Kanister umgefüllt wurde. Sie wollte den Diebstahl hinsichtlich des Diesels zumindest fördern, indem sie die Täter zum Tatort beförderte oder indem sie die Kanister zu den Kühlaufliegern brachte. Ihr war bewusst, dass es sich um einen Diebstahl des Diesels handelte. Bei diesem Diebstahl wollte sie Hilfe leisten.
Es wurden ca. 170 Liter Diesel entwendet (zweimal 60 Liter und zweimal 25 Liter). Der Wert des in die Kanister abgefüllten Diesels belief sich auf ca. 200 €."
Mit ihrer (Sprung-)Revision rügt die Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge (vorläufig) Erfolg. Einer Erörterung der Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
1.
Bedenken begegnet bereits die Verurteilung wegen Beihilfe zum vollendeten Diebstahl. Es ist fraglich, ob die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen die Bejahung einer Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB tragen. Eine (vollendete) Wegnahme setzt voraus, dass der Gewahrsam des bisherigen Gewahrsamsinhabers an der Sache, auf die sich die Tat bezieht, gegen den Willen des Berechtigten aufgehoben wird und gleichzeitig oder später eine andere Person neuen Gewahrsam an der Sache begründet (Fischer, StGB, 59. Aufl. [2012], § 242 Rdnr. 16 ff m.w.N.). Zweifelhaft ist, ob die bislang nicht identifizierten Haupttäter, als sie entdeckt wurden und aus diesem Grunde die weitere Ausführung ihres Vorhabens aufgeben mussten, bereits den Gewahrsam der Firma X2 an dem abgezapften Dieselkraftstoff aufgehoben und neuen - eigenen - Gewahrsam hieran begründet hatten. Denn der Kraftstoff befand sich noch in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Dieseltanks der Kühlanhänger; die mit dem Dieselkraftstoff gefüllten Kanister waren noch nicht in das Fahrzeug der Angeklagten geladen oder sonst von den Kühlanhängern wegbewegt worden, geschweige denn von dem Parkplatz, auf dem die Kühlanhänger standen, abtransportiert worden.
2.
Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es indes nicht. Entscheidend für den (vorläufigen) Erfolg der Revision ist, dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht standhält.
a)
Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten unter Ziffer III. folgende Darlegungen zur Beweiswürdigung:
"Die Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen.
Aufgrund der Aussagen der Zeugen H, E und H steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich die Angeklagte in dem von ihr geführten PKW Opel Zafira in unmittelbarer Nähe der beiden Kühlauflieger befand, als aus den Tanks Diesel in Kanister abgefüllt wurde. Die Angeklagte, die auf dem Fahrersitz lag, hatte ihren Oberkörper a...