Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung gegen §§ 7 a FPersG, 25, 7 AZO in Verbindung mit § 5 BMT Fernverkehr

 

Verfahrensgang

AG Minden (Urteil vom 26.01.1990; Aktenzeichen 15 OWi 743/89)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Minden zurückverwiesen.

 

Gründe

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen von dem Vorwurf freigesprochen, als verantwortlicher Betriebsleiter der in … ansässigen Firma … fahrlässig gegen §§ 7 c Abs. 2, 7 a Abs. 2 FPersG sowie gegen §§ 25 Abs. 1, 3, 7 AZO dadurch verstoßen zu haben, daß in der Zeit vom 28. August bis 8. Oktober 1988 die Kraftfahrer … und … die höchstzulässigen Lenk- und Schichtzeiten überschritten. Diese Fahrer seien nämlich ausschließlich mit dem Transport verbrannten Hausmülls (Müllverbrennungsrostasche) der Müllverbrennung … betraut gewesen und somit von der Regelung der Schicht-, Lenk- und Ruhezeiten der Verordnung EWG Nummer 3820/85 ausgenommen.

Weiter führt das angefochtene Urteil aus:

„Der Betroffene woraus Rechtsgründen freizusprechen.

Gemäß Artikel 4 Nr. 6 der Verordnung EWG Nummer 3820/85 gilt diese Verordnung, die die Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals regelt, nicht für Fahrzeuge der Müllabfuhr, die von den zuständigen Stellen eingesetzt werden.

Den von den Kommunen eingesetzten Müllfahrzeugen stehen solche gleich, die von privaten gewerblichen Fachbetrieben im Auftrag von Kommunen aufgrund längerfristiger Verträge eingesetzt werden (OLG Hamm 4 Ss OWi 1103/81 und 4 Ss OWi 832/88). Die Firma … ist zwar ein Privatunternehmen. Sie fährt jedoch mit ihren Fahrzeugen die Müllverbrennungsrostasche aufgrund eines 10 Jahresvertrages (1. September 1986 bis 31. Dezember 1996) mit der Müllverbrennungs … ab. An dieser Gesellschaft sind beteiligt das … mit 900.000,00 DM und der … mit 8,5 Millionen DM. Die Müllverbrennung … ist somit eine kommunale Einrichtung der Müllentsorgung. Der Transport der Müllverbrennungsrostasche durch die Fahrzeuge der Firma ist als Müllabfuhr zu bezeichnen. Dem steht nicht entgegen, daß die Müllverbrennungsrostasche, die die Fahrzeuge der Firma des Betroffenen transportieren, möglicherweise verwertet werden kann, z.B. beim Straßenbau und dergleichen.

Durch die Erweiterung des Abfallbegriffs auf Wertstoffe in der Hand der entsorgungspflichtigen Körperschaft ist in Verbindung mit der Regelung des § 1 des Abfallgesetzes die Abfallverwertung als Teil der Abfallentsorgung ausdrücklich verankert worden (Kunig-Schwermer-Versteyl, Kommentar zum Abfallgesetz 1988 § 1 Randnote 32).

Damit bleibt festzustellen, daß die Fahrzeuge der Firma des Betroffenen, die die Müllverbrennungsrostasche transportieren, nicht mit einem Tachographen ausgestattet zu sein brauchen und die Bestimmungen über die Lenk-, Schicht- und Ruhezeiten der Verordnung EWG 3820/85 für die Fahrer dieser Fahrzeuge keine Gültigkeit haben.”

Hiergegen richtet sich die von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld, die unter näherer Darlegung die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Minden.

Die Ausführungen des Amtsgerichts über die Anwendbarkeit des Art. 4 Ziff. 6 EWG-VO Nr. 3820/85 halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Zwar geht das Amtsgericht zutreffend davon aus, daß es für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Gegensatz zur vorher geltenden EWG-VO Nr. 543/69 nunmehr unerheblich ist, ob die Fahrzeuge der Müllabfuhr von Behörden oder von privaten Unternehmern als Halter betrieben werden (vgl. OLG Hamm, NZV 89, S. 160; VRS 62, S. 312).

Bei den Fahrzeugen der Firma … für deren Einsatz und Überwachung der Betroffene verantwortlich ist, handelt es sich jedoch nicht um solche, „die von der zuständigen Stelle … der Müllabfuhr … eingesetzt werden” und damit als in der Müllentsorgung von Behörden eingesetzte Fahrzeuge gemäß Art. 4 Ziff. 6 EWG-VO Nr. 3820/85 privilegiert sind (vgl. OLG Hamm, NZV 89, a.a.O.).

Bereits das äußere Tätigkeitsbild des Abfahrens der Rostasche von der Müllverbrennung … durch die Fahrzeuge der Firma … entspricht nicht dem der üblichen Müllabfuhr, das durch kurze Fahrtstrecken von Haus zu Haus in langsamem Tempo, dauernde Fahrtunterbrechungen und Pausen zum Einsammeln des in den Mülltonnen befindlichen Mülls und damit durch eine insgesamt weniger verkehrsgefährdende und personalbelastende Nutzungsweise gekennzeichnet ist. Denn derartige, in aller Regel von Spezialfahrzeugen (s. § 35 Abs. 6 StVO) mit eingeschränkter Geschwindigkeit durchgeführten Fahrten der kommunalen Müllabfuhr finden regelmäßig in einem eng abgegrenzten lokalen bzw. regionalen Bereich statt. Unter diesen Voraussetzungen besteht angesichts der durch diese Nutzungsweise gegebenen geringeren Verkehrsgefährdung und Personalbelastung kein Bedürfnis, das in den Bestimmunge...

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