Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss nach § 3 Abs. 2c) ARB 2002 verlangt, dass der Anspruch, für dessen Geltendmachung Rechtsschutz begehrt wird, nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Versicherungsnehmer übertragen worden oder übergegangen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn ein ursprünglich dem Versicherungsnehmer zustehender Leistungsanspruch nach Eintritt des Versicherungsfalls (hier: aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung) zunächst durch Überleitungsanzeige gem. § 93 SGB XII auf den des Sozialversicherungsträger übergeht und der Anspruch später vom Sozialversicherungsträger wieder an den Versicherungsnehmer zurückübertragen wird.
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen I-4 O 64/11) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung.
Zutreffend hat das LG mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten (M-ARB 2002) zugrunde liegen, Versicherungsschutz zur Geltendmachung (auch) zukünftiger Ansprüche aus der von dem Kläger unterhaltenen privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zu gewähren.
I. Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung allein, dass entgegen der Auffassung des LG der Versicherungsschutz nach § 3 Abs. 4c) bzw. d) ARB 2002 ausgeschlossen sei.
§ 3 Abs. 4c) und d) ARB 2002 lauten:
"§ 3 Ausgeschlossene Rechtsangelegenheiten
Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
(4) c) aus Ansprüchen oder Verbindlichkeiten, die nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Versicherungsnehmer übertragen worden oder übergegangen sind;
d) aus vom Versicherungsnehmer im eigenen Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen oder aus einer Haftung für Verbindlichkeiten anderer Personen;
(...)"
Wie bereits das LG im Ergebnis zutreffend festgestellt hat, greift vorliegend keiner der beiden v.g. Ausschlüsse ein.
1. Der Ausschluss nach § 3 Abs. 2c) ARB 2002 verlangt, dass der Anspruch, für dessen Geltendmachung Rechtsschutz begehrt wird, nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Versicherungsnehmer übertragen worden oder übergegangen ist. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn der Kläger will mit der beabsichtigten, insbesondere auf Feststellung zukünftiger Leistungen aus der von ihm bei der N AG unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung gerichteten Klage, für die er von der Beklagten Rechtsschutz begehrt, ein ursprünglich in seiner Person entstandenes und ihm originär zustehendes Recht einklagen. Der Leistungsanspruch gegen die N AG - und damit auch der Rechtsschutzfall - ist (sein Bestehen an dieser Stelle denknotwendig vorausgesetzt) mit Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeitsversicherung in der Person des Klägers im November 2007 entstanden. Erst danach, nämlich mit Schreiben vom 17.7.2009 hat die Stadt B - Sozialamt - durch Überleitungsanzeige an die N AG gem. § 93 Abs. 1 SGB XII bewirkt, dass die Ansprüche auf Leistungen des Klägers wegen Berufsunfähigkeit auf sie übergehen. Vorliegend handelt es sich also im Ausgangspunkt um den umgekehrten, vom Regelungsgehalt des § 3 Abs. 4c) ARB 2002 nicht erfassten Fall: ein ursprünglich dem Kläger als Versicherungsnehmer zustehender Anspruch ist nach Eintritt des Rechtsschutzfalls auf einen Dritten, nämlich den Sozialversicherungsträger übergegangen.
An diesem Ergebnis ändert auch die spätere Rückübertragung des Anspruches an den Kläger nichts. Denn § 3 Abs. 2c) ARB 2002 ist - wie im Übrigen auch der hier weiter in Rede stehende § 3 Abs. 2d) ARB 2002 - nach der ständigen Rechtsprechung des BGH von ihrem erkennbaren Zweck her einschränkend auszulegen: Der Zweck geht dahin zu verhindern, dass der nicht versicherte eigentliche Rechtsinhaber in den Genuss der Versicherungsleistung kommt, indem an seine Stelle eine versicherte Person tritt, die den Anspruch geltend macht. Die Klausel will ausschließen, dass ein nicht rechtsschutzversicherter Rechtsinhaber durch rechtliche Gestaltung seine Klagebefugnis auf einen Rechtsschutzversicherten verlagert. In beiden Fällen, sei es durch eine Verlagerung der Prozessführungsbefugnis auf den Rechtsschutzversicherten - etwa durch gewillkürte Prozessstandschaft - oder sei es durch eine Übertragung des Anspruchs nach Eintritt des Versicherungsfalls, würde der Rechtsschutzversicherer durch nachträgliche Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisiko belastet, für das er keine Prämien erhalten hat...