Leitsatz (amtlich)

1) Der Geschäftswert für die nachträgliche Eintragung der Aufhebung des Briefausschlusses (§ 1116 Abs. 3 BGB) ist nach der allgemeinen Geschäftswertvorschrift des § 36 Abs. 1 GNotKG zu bestimmen, da das GNotKG keine spezielle Regelung für die nachträgliche Eintragung der Aufhebung des Briefausschlusses enthält (im Ergebnis ebenso OLG Bamberg FGPrax 2017, 234).

2) Bei der durch § 36 Abs. 1 GNotKG vorgeschriebenen Ermessensausübung ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des Briefausschlusses den Kernbereich der aus dem Grundpfandrecht sich ergebenden Befugnisse unberührt lässt und lediglich die Verkehrsfähigkeit des Grundpfandrechts erhöht. Hiernach ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, den Geschäftswert lediglich mit einem Bruchteil (hier: 30 %) des sich aus § 53 GNotKG ergebenden Bezugswertes zu bemessen.

 

Verfahrensgang

AG Essen (Aktenzeichen H-5648-4(3))

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

 

Gründe

I.) Gegenstand des Verfahrens ist die Kostenrechnung, die das Grundbuchamt für die Eintragung der Aufhebung des Ausschlusses der Brieferteilung für die in den Grundbüchern von I Blatt ...8, ...9 und ...2 eingetragene Gesamtgrundschuld. Das Grundbuchamt hat der insoweit in Ansatz gebrachten Gebühr gemäß KV 14130 GNotKG zunächst einen Geschäftswert von 360.000 EUR zugrunde gelegt, was dem Nennbetrag der Grundschuld entspricht. Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1) als Kostenschuldner mit der Erinnerung gewandt. Die vom Grundbuchamt angehörte Beteiligte zu 2) hat einer Abänderung der Kostenberechnung widersprochen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Grundbuchamt der Erinnerung "abgeholfen" ohne jedoch die Kostenberechnung abzuändern. Aus der Beschlussbegründung ergibt sich, dass das Amtsgericht der Kostenrechnung lediglich noch 30% des Nennwertes zugrunde legen will. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) namens der Landeskasse mit der Beschwerde.

II.) Die zulässige Beschwerde ist unter formalen Aspekten begründet.

Insoweit kann dahinstehen, ob bei einer Erinnerung gegen den Kostenansatz, die ausschließlich auf den angenommenen Wert gestützt wird, nicht vorrangig ein Wertfestsetzungsverfahren (§ 79 GNotKG) durchzuführen ist (vgl. etwa Senat RPfleger 1992, 42), denn jedenfalls kann eine amtsgerichtliche Entscheidung, die der Erinnerung zwar abhelfen will, dies effektiv aber nicht tut, indem sie selbst zu keiner Veränderung des Erinnerungsgegenstands, also des Kostenansatzes führt, und damit auch keinen tauglichen Gegenstand für eine Beschwerde schafft, keinen Bestand haben.

Da die Beschwerde schon aus diesem Grund Erfolg hat, muss sich der Senat hinsichtlich der Sachfrage auf notwendig nicht bindende Hinweise beschränken:

Das Amtsgericht will aus Sicht des Senats zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen den Geschäftswert für die Eintragung der Aufhebung des Briefausschlusses (§ 1116 Abs. 3 BGB) gemäß § 36 Abs. 1 GNotKG mit lediglich 30% des Nennwertes der Grundschuld bemessen. Der Senat tritt insoweit im Ergebnis der Rechtsprechung des OLG Bamberg (RPfleger 2017, 593 = JurBüro 2017, 535 = FGPrax 2017, 234) bei, wenn er auch die dortige Argumentation nicht in Gänze zu teilen vermag. Maßgebend hierfür sind die folgenden Überlegungen.

Im Gegensatz zur KostO hat das GNotKG eine strenge Trennung zwischen Geschäftswertvorschriften i.e.S. und bloßen Bewertungsvorschriften eingeführt. Die Bewertungsvorschriften des Unterabschnitts 3, zu denen auch § 53 GNotKG zählt, auf welchen sich die Beschwerde beruft, dienen nicht der unmittelbaren Bestimmung des Geschäftswertes, sondern der Regelung, wie der Wert eines bestimmten Gegenstandes zu bemessen ist. Sie besagen hingegen noch nichts darüber, wie der für die Gebühren maßgebende Geschäftswert zu bestimmen ist (vgl. BTDrs. 17/11471 S.138).

Der maßgebende Geschäftswert ist vielmehr nach den jeweils einschlägigen Geschäftswertvorschriften (§§ 36-45 und 59-76 GNotKG) zu bestimmen. Auch bei diesen weicht das GNotKG von der KostO ab. Während § 30 KostO als bloße Auffangvorschrift angesehen wurde, hat der Gesetzgeber § 36 GNotKG ausdrücklich als allgemeine Geschäftswertvorschrift vorgesehen, die immer zur Anwendung kommt, wenn keine andere, speziellere Vorschrift vorgeht. Im Hinblick auf diese weitergehende Funktion des § 36 GNotKG hat der Gesetzgeber die in der KostO vorkommenden Rückverweisungen anderer Vorschriften auf § 30 KostO im GNotKG für entbehrlich gehalten (vgl. BTDrs. 17/11471 S.164). Vor diesem Hintergrund geht auch das Argument der Beschwerde, das Fehlen einer § 67 Abs. 3 KostO entsprechenden Regelung im GNotKG mache einen Rückgriff auf § 36 GNotKG unzulässig, fehl.

Zu fragen ist danach allein, ob das GNotKG für eine Bemessung der hier in Frage stehenden Eintragung der Aufhebung des Briefausschlusses eine spezielle Regelung enthält, was nicht der Fall ist. § 69 Abs. 2 GNotKG regelt lediglich die Wertaddition bei der Eintragung mehrerer Veränderungen im Grundbuch, § 71 GNotKG lediglich die nachträgliche Erteilung eines Grundp...

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