Leitsatz (amtlich)

Zum erforderlichen Umfang des Feststellungen bei Einsatz eines eichfähigen Messgerätes zur Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung.

 

Verfahrensgang

AG Minden (Entscheidung vom 18.05.2005)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Minden hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 150,- Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Das Amtsgericht hat zur Sache die folgenden Feststellungen getroffen:

" Am 29.04.2004 befuhr er in Minden- Meißen die B 482 m Bereich der südlichen Abfahrt zur B 65 FR Norden mit dem Pkw Mercedes XXXXXXXX. Im dortigen Bereich ist die Geschwindigkeit durch 2 doppelseitig aufgestellte 70 km/h-Beschilderung auf 70 km/h beschränkt (1. Doppelpaar 475 m, 2. Doppelpaar 215 m vor dem Messgerät). Es wurde mit dem dortigen Messgerät 593-033/60071, Typ TPH -S Firma Robot, geeicht bis 31.12.2004, Sensoren Messung 19.05.2004, gemessen. Der Messwert betrug 130 km/h, ergibt unter Beachtung des Toleranzwertes von 4 km/h eine verwertbare Überschreitung von 56 km/h."

In der Beweiswürdigung ist u.a. Folgendes ausgeführt:

" ........Soweit die Sensorenüberprüfung laut Akte am 19.05.2004 erfolgte, liegt zwar kein Nachweis für den 29.04.2004 durch einen Prüfnachweis vor. Wenn aber am 19.05.2004 die Ordnungsmäßigkeit der Sensoren festgestellt wurde, steht fest, dass diese am Messtag, dem 29.04.2004, ordnungsgemäß waren. Wäre sie am 29.04.2004 nicht korrekt gewesen, könnten sie am Messtag, den 19.05.2004, nicht in Ordnung gewesen sein oder, um es treffend zu formulieren, da es Heinzelmännchen nicht gibt, können diese eine Reparatur auch nicht durchgeführt haben.."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffen mit seiner Rechtsbeschwerde, die er mit Verfahrensrügen und der nicht näher ausgeführten Sachrüge begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II.

Das angefochtene Urteil unterliegt bereits aufgrund der Sachrüge der Aufhebung, weil dem Senat nicht die Möglichkeit eröffnet ist zu überprüfen, ob das Amtsgericht die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit materiell rechtlich fehlerfrei festgestellt hat. Insoweit bedarf es keines Eingehens auf die erhobenen Verfahrensrügen.

Auch wenn die Anforderungen an die Urteilsgründe in Bußgeldverfahren keinen hohen Anforderungen unterliegt, muss die Beweiswürdigung so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Überprüfung ermöglicht wird.

Grundlage dieser revisionsgerichtlichen Beweiswürdigung ist das schriftliche Urteil, mit dem der Tatrichter darüber Rechenschaft gibt, auf welchem Wege er von den Beweismittelergebnissen zum festgestellten Sachverhalt gelangt ist (vgl. BGH, NStZ 1985, 184). Aus der Verfahrensvorschrift des § 267 StPO, die den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil wiederzugeben. Doch ist eine entsprechende Erörterung und Würdigung dann notwendig, wenn das Rechtsbeschwerdegericht nur auf dieser Grundlage nachprüfen kann, ob das materielle Recht richtig angewendet worden ist und ob die Denk und allgemeinen Erfahrungssätze beachtet worden sind (vgl. BGH, MDR 1974, 502; OLG Düsseldorf OLGSt 1983, StPO, § 261 Nr. 1). Dabei muss die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung in sich logisch, geschlossen, klar und insbesondere lückenfrei sein. Sie muss wenigstens die Grundzüge der Überlegungen des Tatrichters und die Möglichkeit des gefundenen Ergebnisses sowie die Vertretbarkeit des Unterlassens einer weiteren Würdigung aufzeigen. Es müssen alle aus dem Urteil ersichtlichen Tatsachen und Umstände, die Schlüsse zugunsten oder zu Ungunsten des Betroffenen zulassen, ausdrücklich erörtert werden (Grundlegend hierzu Göhler § 71 Rn 43 mwN). Einsatz eichfähiger Messgeräte muss dem Urteil auch zu entnehmen sein, dass eine gültige Eichung vorlag und die Bedienvorschriften beachtet wurden ( OLG Frankfurt ZfS 2001, 233, Schleswig-Holsteinisches OLG SchlHA 2004, 267, OLG Düsseldorf VRS 85, 222)

Diesen in Rechtsprechung und Literatur seit langem gefestigten Grundsätzen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

Wenn auch den Urteilsgründen noch entnommen werden kann, dass das Amtsgericht offensichtlich Lichtbildaufnahmen einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage der Marke TPH -S Firma Robot mit eingeblendeter Geschwindigkeits- und Zeitangabe verwendet hat und eine gültigen Eichung dieses Messgerätes bis zum 31.12.2004 festgestellt hat, lässt sich den Urteilsgründen jedoch nicht entnehmen, dass der mit dem Messgerät gekoppelte Messwertaufnehmer, d.h. die in der Fahrbahn verlegten Sensorenkabel zum Tatzeitpunkt am 29.4.2004 eichamtlich geprüft waren.

Insoweit ergibt sich ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge