Leitsatz (amtlich)
1.
Wird gegenüber dem Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG geltend gemacht, dass ein in einer Zahnfleischtasche verbliebener Rest eines Hustenlösers das Ergebnis der zweiten Messung mit dem Gerät Dräger 7110 Evidential verfälscht haben könnte, kann sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen.
2.
Die Einhaltung der Kontrollzeit von 10 Minuten vor Beginn der Messung, während derer der Proband keinerlei Substanzen zu sich nehmen darf, ist erforderlich, um Verfälschungen des Messergebnisses durch evtl. vorhandenen Restalkohol oder andere Restsubstanzen im Mund auszuschließen.
Verfahrensgang
AG Schwelm (Entscheidung vom 26.10.2007) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Schwelm zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 250 EUR verurteilt, ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und von der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG Gebrauch gemacht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der dieser die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
II.
Das AG hat folgende Feststellungen getroffen und ausgeführt:
"Am 20.02.2007 befuhr der Betroffene mit dem Pkw Suzuki, amtl. Kennz. XXXXXX, öffentliche Straßen in Schwelm, nämlich die Hattinger Straße. Er hatte zuvor Alkohol getrunken. Der Betroffene führte das Fahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,36 mg/I.
Die Atemalkoholmessung wurde vorgenommen durch das geeichte Gerät Dräger Evidential.
Der Betroffene führte daher ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/1 oder mehr.
Der Betroffene hat sich dahin eingelassen, er habe lediglich ein Bier mit Cola in der Nacht getrunken. Er habe Hustenlöser genommen und Schnupfen gehabt, so dass nicht auszuschließen sei, dass das Messergebnis verfälscht worden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass jeweils bei der Messung durch etwa in Zahnfleischtaschen verbliebenen Reste der Hustentropfen die Messung verfälscht worden sei. Im Übrigen würde das Messprotokoll nicht bestätigen, dass während des ganzen Vorgangs eine Beamtin anwesend gewesen sei. Das Messergebnis sei daher nicht zu verwerten.
Der Betroffene führte ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/1 oder mehr. Das Gericht ist aufgrund des erörterten Messprotokolls und des Eichscheins davon überzeugt, dass der Messwert ohne Sicherheitsabschläge verwertbar ist. Das Gerät hat die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten, unter Einhaltung der Eichfrist war es geeicht, die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren waren gewahrt. Anhaltspunkte für eine Verfälschung des Messergebnisses durch sonstige Störfaktoren bestehen nicht. Hiergegen spricht schon, dass einmal bereits zuvor, nämlich um 01.15 Uhr und 01.17 Uhr, Messungen durchgeführt worden sind, wobei Messwerte von über 0,25 mg/1 erreicht worden sind. Dass sich jeweils bei den Messungen Mundrestalkohol aus Zahlfleischtaschen gelöst haben könnte, ist nach Überzeugung des Gerichts auszuschließen.
Der Wert der Atemalkoholkonzentration ist auch zutreffend ermittelt worden. Die Verfahrensbestimmungen wurden beachtet, was auch die messende Beamtin, Frau Gehrisch, auf dem Messprotokoll bestätigt hat. Ein Zeitablauf von mindestens 20 Minuten seit Trinkende ist gewahrt worden. Außerdem wurde die Kontrollzeit von 10 Minuten vor der Atemalkoholkonzentrationsmessung eingehalten. Der Betroffene war um 00.45 Uhr gefahren, die Messungen fanden statt um 01.25 Uhr und 01.27 Uhr. Es lag also auch eine Doppelmessung im Zeitabstand von maximal 5 Minuten und Einhaltung der zulässigen Variationsbreite zwischen den einzelnen Messwerten vor."
III.
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie auch - zumindest vorläufig - Erfolg.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:
"1.
Die Aufhebung des angefochtenen Urteils ist bereits aufgrund der erhobenen Verfahrensrüge veranlasst. Soweit die Revision rügt, ein Aufklärungsmangel liege darin begründet, dass das Gericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage, ob ein in einer Zahnfleischtasche verbliebener Rest eines Hustenlösers das Ergebnis der zweiten Messung mit dem Gerät Dräger 7110 Evidential verfälscht haben könnte, nicht erhoben hat, erweist sich diese Rüge zunächst als zulässig. Die Rechtsbeschwerde bezeichnet die Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen. Zudem wird angegeben, welche Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätten drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbli...