Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsbeschwerde. standardisiertes Messverfahren. Geschwindigkeitsüberschreitung. Fehlerquelle. Tolereanzabzug

 

Leitsatz (amtlich)

Die Behauptung, dass es bei einem bestimmten Messverfahren zu Messungenauigkeiten von "bis zu 2 km/h" kommen könne, bietet jedenfalls dann dem Tatgericht keinen für die Rechtsbeschwerde relevanten konkreten Anhaltspunkt für eine erörterungsbedürftige Fehlerquelle der Messung, wenn die behauptete Messungenaugkeit weniger als der vorgenommene Toleranzabzug beträgt und die Fehlerquelle von Seiten des Betroffenen behauptet wurde.

 

Normenkette

OWiG §§ 79-80; StPO § 267; StVO § 3

 

Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 117 OWi 161/16)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen.Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG).

 

Gründe

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift vom 03.01.2017 Folgendes ausgeführt:

"I.

Das Amtsgericht Münster hat den Betroffenen mit Urteil vom 24.10.2016 (Bl. 56 ff. d.A.) wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 80,- Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil, dass in Abwesenheit des Betroffenen verkündet und seinem Verteidiger am 10.11.2016 (Bl. 64 d.A.) zugestellt worden ist, hat der Betroffene mit am 25.10.2016 beim Amtsgericht Münster eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 24.10.2016 (Bl. 52 f. d.A.) die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde mit Schriftsatz des Verteidigers vom 12.12.2016 (Bl. 65 ff. d.A.), der am gleichen Tag beim Amtsgericht Münster eingegangen ist (Bl. 65 d.A.), begründet.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist statthaft gemäß §§ 80 Abs. 1, 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG und gemäß § 80 Abs. 3 OWiG i.V.m. §§ 344, 345 StPO form- und fristgerecht angebracht worden.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg; es liegen keine Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vor.

Gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG ist die Rechtsbeschwerde, wenn gegen den Betroffenen - wie hier - eine Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro ohne Nebenfolge verhängt worden ist, nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

1.

Die Fortbildung des Rechts besteht darin, bei der Auslegung von Rechtssätzen und der rechtsschöpferischen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitlinien aufzustellen und zu festigen. In Anlehnung an diese Zielsetzung kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts nur bei einer entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfrage von praktischer Bedeutung in Betracht (zu vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rn. 3 m.w.N.). Solche Rechtsfragen werden vorliegend nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Zwar kommt als entscheidungserhebliche und abstraktionsfähige Rechtsfrage die Frage in Betracht, ob das im vorliegenden Fall verwendete Messgerät Riegl FG 21-P als standardisiertes Messverfahren eingeordnet werden kann. Diese Frage ist indes nicht mehr klärungsbedürftig. Das Messgerät Riegl FG 21 P ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits als sogenanntes standardisiertes Messverfahren anerkannt (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012, III-1 RBs 112/12) weil die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. dazu allgemein BGHSt 39, 291 und 43, 277). Die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Feststellungen, welche bei der Verwendung eines standardisierten Messverfahrens an die Darstellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu stellen sind, sind ebenfalls hinreichend geklärt.

Hiernach genügt es, dass der Tatrichter neben der Wiedergabe des als erwiesen erachteten Messergebnisses das Messverfahren benennt und durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen den nach den jeweiligen technisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen Rechnung trägt. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.

Nur bei Vorliegen von Umständen, die abweichend vom Regelfall dem Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Messung entgegen stehen, mithin konkrete Zweifel an der Funktionstüchtigkeit und der sachgerechten Handhabung des eingesetzten Messgerätes begründen, sind im Urteil über die bereits genannten Angaben hinaus nähere Ausführungen zur Messung erforderlich (OLG Stuttgart NZV 2008, 43 unter Hinweis auf OLG Dresden VRS 109, 196, 199 m.w.N.). Fehlen sie, so sind Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden Verfahrensrüge der gerichtlichen Kontrolle zugänglich (BGHSt 39, 291/297, 301 f.).

2.

Die Rüge von Verfahrensfehlern ist jedoch nur wegen der Versagung de...

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