Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchsetzung eines Hundehaltungverbots
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluss einer Eigentümerversammlung, durch den für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten eine gerichtliche Inanspruchnahme angekündigt wird, kann regelmäßig nicht als konstitutive Festlegung einer entsprechenden Verpflichtung des von der Aufforderung betroffenen Wohnungseigentümers ausgelegt werden.
2. Ein nicht angefochtener Beschluss der Eigentümerversammlung, durch den ein umfassendes Hundehaltungsverbot angeordnet worden ist, ist wirksam.
3. Bei der Abwägung, ob die Durchsetzung eines Hundehaltungsverbots gegen Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB), ist das Interesse der Wohnungseigentümer, einer Verwässerung des Verbots entgegenzuwirken, angemessen zu berücksichtigen. Einer geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigung der von dem Verbot betroffenen Miteigentümerin muss durch nähere tatsächliche Ermittlungen nachgegangen werden.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 1, § 23; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 01.10.2004; Aktenzeichen 9 T 70/04) |
AG Marl (Beschluss vom 18.05.2004; Aktenzeichen 3 II 41/03 WEG) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 18.5.2004 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde an das AG zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 8) ist die Verwalterin. In der Eigentümerversammlung vom 27.7.1999 wurde zu Tagesordnungspunkt 6 die vorliegende Hausordnung genehmigt. Diese enthält folgende Regelung:
"6. Tierhaltung
Das Halten von Hunden und anderen kleinen Haustieren ist nicht gestattet."
Der genannte Eigentümerbeschluss enthält dazu die weitere Maßgabe: "Der bereits vorhandene Hund genießt Bestandsschutz. Ein neuer Hund darf nicht angeschafft werden." Der Beschluss ist nicht angefochten worden.
Die verwitwete Beteiligte zu 7) interessierte sich im Jahre 2001 für den Kauf der im Erdgeschoss links gelegenen Wohnung. Von den Voreigentümern Q. erhielt sie ein Exemplar der Hausordnung mit der vorstehend wiedergegebenen Regelung. Die Beteiligte zu 7) legte gleichwohl größten Wert darauf, die Wohnung mit ihrem Hund und zwei Katzen beziehen zu können. Am 12.11.2001 kam es zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages (UR-Nr. 157/2001 Notar F. in I2), der einen umfassenden Gewährleistungsausschluss, jedoch keine nähere Regelung zur Frage der Tierhaltung in der Wohnung enthält. Ob und welche Erklärungen bei der Beurkundungsverhandlung von den Verkäufern bzw. dem Urkundsnotar abgegeben worden sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Zu Tagesordnungspunkt 6 der Eigentümerversammlung vom 3.6.2002 wurde mehrheitlich beschlossen:
"Frau I. erhält keine Ausnahmegenehmigung zum Halten von einem Hund und zwei Hauskatzen. Die Tiere müssen innerhalb eines Jahres entfernt werden. Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, hierfür Sorge zu tragen, notfalls auch anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und das gerichtliche Verfahren einzuleiten."
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist nehmen die Beteiligten zu 1) bis 6) die Beteiligte zu 7) auf Unterlassung der Hunde- und Katzenhaltung in ihrer Wohnung in Anspruch. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, die Beteiligte zu 7) setze sich über das ihr bereits bei Erwerb der Eigentumswohnung bekannte und wirksam beschlossene umfassende Tierhaltungsverbot hinweg. Etwaige Erklärungen von Beteiligten aus Anlass der Beurkundung könnten keinen ggü. ihnen, den Beteiligten zu 1) bis 6), wirksamen Vertrauensschutz begründen.
Die Beteiligte zu 7) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, das umfassende Tierhaltungsverbot sei unwirksam. Darüber hinaus sei in ihr durch Erklärungen der Verkäufer und des Urkundsnotars bei der Beurkundungsverhandlung - Letzterer habe sich dabei auf telefonische Erklärungen des Geschäftsführers der Beteiligten zu 8) gestützt - die Vorstellung geweckt worden, gegen die Tierhaltung bestünden i.E. keine Bedenken, wenn sie nicht zu Belästigungen für die anderen Wohnungseigentümer führe. Solche Belästigungen seien auch tatsächlich nicht eingetreten. Schließlich hat die Beteiligte zu 7) unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vorgetragen, sie leide unter Angstzuständen und sei aus therapeutischen Gründen auf die Haltung von Haustieren angewiesen.
Das AG hat in der Sitzung vom 24.3.2004 durch Vernehmung der Zeugen Dr. Q., F., X. und I. Beweis erhoben und sodann durch Beschluss vom 18.5.2004 unter Zurückweisung des weiter gehenden Antrags die Beteiligte zu 7) verpflichtet, die Hundehaltung in ihrer Wohnung zu unterlassen.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 7) mit Schri...