Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung von Folgesachen im Inland nach Scheidung im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
1 In entsprechender Anwendung des § 626 Abs. 2 S. 1 ZPO kann einer Partei die Fortführung einer Scheidungsfolgesache vorbehalten werden, wenn die Ehe durch ein im Inland anerkanntes ausländisches Urteil rechtskräftig geschieden und der Scheidungsantrag dadurch gegenstandslos geworden ist.
2. Das inländische Gericht hat im Rahmen des § 626 Abs. 2 ZPO keinen Ermessensspielraum. Es kann den Antrag nicht mit der Begründung ablehnen, eine Fortführung des Verfahrens sei nicht zweckmäßig oder habe keine Aussicht auf Erfolg.
Normenkette
ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1, § 626 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Wetter/Ruhr (Beschluss vom 13.01.2005; Aktenzeichen 5 F 465/02) |
Tenor
I. Das Verfahren wird von dem Einzelrichter auf den Senat übertragen (§ 568 S. 2 ZPO).
II. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 1.2.2005 wird der Beschluss des AG - FamG - Wetter vom 13.1.2005 abgeändert:
Der Antragstellerin bleibt vorbehalten, die Folgesachen Güterrecht, Versorgungsausgleich und nachehlicher Unterhalt als selbständige Familiensachen fortzuführen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 300 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien hatten am 25.6.1984 geheiratet. Seit Mai 2001 leben sie voneinander getrennt. Zu dieser Zeit war der Antragsgegner als Konsul an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in W. tätig.
Im hier vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ihren Antrag auf Scheidung der Ehe am 14.8.2002 zunächst bei dem AG - FamG - Dortmund eingereicht (Bl. 1 ff. GA). Dieses hat sich mit Beschluss vom 28.11.2002 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das AG - FamG - Wetter abgegeben (Bl. 13 GA).
Zuvor bereits hatte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 24.7.2002 in Österreich Scheidungsklage erhoben (Bl. 33-35 GA). Nach längeren Streitigkeiten im dortigen Verfahren hatte sich das Bezirksgericht M. durch Beschluss vom 4.2.2003 (Bl. 39-41 GA) entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung für international und örtlich zuständig erklärt.
Inzwischen ist die Ehe der Parteien durch Urteil des Bezirksgericht M. vom 24.1.2005 geschieden worden (Bl. 115-117 GA). Scheidungsfolgesachen sind und waren vor dem Bezirksgericht nicht anhängig.
Im hier vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem AG vom 13.1.2005 zurückgenommen. Sie hat allerdings sodann den Antrag gestellt, ihr durch Beschluss vorzubehalten, die Folgesachen als selbständige Familiensachen fortzuführen. Das AG - FamG - Wetter hat dies zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Einreichung des Scheidungsantrags dort sei als Versuch zu werten, die Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts zu begründen und damit den Antragsgegner zu benachteiligen. Als er die Klage auf Zugewinnausgleich und auf nachehelichen Unterhalt anhängig gemacht habe, sei dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannt gewesen, dass wegen der doppelten Rechtshängigkeit ein Verbundverfahren beim AG - FamG - Wetter nicht möglich gewesen wäre. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses vom 13.1.2005 (Bl. 60-62 GA) Bezug genommen.
Die Antragstellerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des AG. Sie vertritt die Auffassung, dass der Antrag auf Fortführung der Folgesachen nicht unbillig sei oder gegen Treu und Glauben verstoße. In Österreich habe man allein mehr als zwei Jahre lang nur um die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gestritten. Dabei sei das Gericht in M. nach Auffassung der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren der Parteien unzuständig. Im Übrigen sei auch die Behandlung von Folgesachen dort nicht sinnvoll, da die österreichischen Richter in deutschem Recht nicht ausgebildet seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Rechtsanwälte H. pp. in Köln vom 1.2.2005 (Bl. 72-76 GA) verwiesen.
B. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
I. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO eingelegt worden.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet.
1. Der Antrag, ihr die Fortführung der Scheidungsfolgesachen als selbständige Familiensachen vorzubehalten, findet seine Rechtsgrundlage in § 626 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Norm ist entsprechend anzuwenden, wenn die Ehe durch ein im Inland anerkanntes ausländisches Urteil rechtskräftig geschieden und der Scheidungsantrag dadurch gegenstandslos wird (BGH v. 14.12.1983 - IVb ZR 26/82, MDR 1984, 476 = NJW 1984, 2041; für den Fall der Erledigungserklärung des Scheidungsantrags: KG NJW 1979, 1107). Die Zuständigkeit für die fortzuführende Sache bleibt gem. § 261 Abs. 3 ZPO erhalten (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 626 Rz. 8).
Vorliegend ist die Ehe der Parteien in Österreich durch Urteil des Bezirksgerichts M. vom 24.1.2005 gesc...