Leitsatz (amtlich)

Sind beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sowohl ein bereits bei der Scheidung erfolgter Teilaus-gleich - z.B. nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG - als auch anteilige Sozialversicherungsbeiträge zu berücksich-tigen, so hat das in dieser Reihenfolge zu geschehen (Anschluss an OLG Hamm [10. FamS] FamRZ 2013, 1895, Juris-Rz. 55).

 

Normenkette

VersAusglG §§ 20, 53

 

Verfahrensgang

AG Lemgo (Beschluss vom 28.01.2014; Aktenzeichen 8 F 307/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Lemgo vom 28.1.2014 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der vorgenannte Beschluss abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zum Ausgleich seines Anrechts auf betriebliche Altersversorgung durch die W GmbH ab März 2012 eine monatliche schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. 207 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Der Verfahrenswert wird für beide Instanzen - für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung der amtsgerichtlichen Festsetzung - auf 1.800 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die bet. ehemaligen Eheleute sind durch Urteil vom 14.3.2003 geschieden worden. Durch Beschluss des OLG Hamm vom 7.1.2004 ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Dabei wurde zum teilweisen Ausgleich eines betrieblichen Versorgungsanrechts des Ag. eine gesetzliche Rentenanwartschaft i.H.v. 46,90 EUR, entsprechend dem Grenzbetrag nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, auf die Ast. übertragen. Im jetzigen Verfahren verlangt die Ast. eine schuldrechtliche Ausgleichsrente für den noch nicht ausgeglichenen Teil des Versorgungsanrechts. Durch den angefochtenen Beschluss hat ihr das AG L. einen monatlichen Ausgleichsbetrag von 154 EUR ab März 2012 zuerkannt. Mit der Beschwerde begehrt der Ag. eine Herabsetzung, mit der Anschlussbeschwerde die Ast. eine Heraufsetzung dieses Betrages.

Das Anschlussrechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist nicht auf den im Beschluss vom 7.1.2004 erwähnten Restbetrag von 18,13 EUR begrenzt, da dem Beschluss über den Versorgungsausgleich bei der Scheidung in diesem Punkt keine Bindungswirkung für den hier durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zukommt (vgl. BGH FamRZ 2004, 1024, Juris-Rz. 9, 13; FamRZ 1995, 293, Juris-Rz. 17).

Hingegen hat die Antragstellerin mit der Anschlussbeschwerde zu Recht geltend gemacht, dass der schuldrechtliche Ausgleichsanspruch infolge fehlerhafter Ermittlung des Ehezeitanteiles der Versorgungsanwartschaft noch zu niedrig festgesetzt worden ist.

Tatsächlich betrug die gesamte Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners 437 Monate (September 1974 bis Januar 2011 jeweils einschließlich), wovon 337 Monate in die Ehezeit fielen (September 1974 bis September 2002 jeweils einschließlich).

Von der monatlichen Bruttobetriebsrente i.H.v. 10.480,14 EUR: 12 = 873,35 EUR entfallen also 337/437 = 673,50 EUR auf die Ehezeit.

Die Halbteilung dieses Betrages ergibt 336,75 EUR.

Davon ist zunächst der bereits bei der Scheidung ausgeglichene Anteil, gem. § 53 VersAusglG auf den aktuellen Rentenwert hochgerechnet (hier: 46,90 EUR: 25,86 × 27,47 = 49,82 EUR), abzuziehen. Es verbleiben 286,93 EUR.

Erst zuletzt, d.h. entgegen dem AG nicht bereits vor Abzug des bei der Scheidung vorweg ausgeglichenen Teiles, ist der anteilige Sozialversicherungsbeitrag gem. § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG abzuziehen (vgl. OLG Hamm FamRZ 2013, 1895, Juris-Rz. 55; OLG Köln FamRZ 2012, 1808, Juris-Rz. 8; OLG Celle FamRZ 2011, 728, Juris-Rz. 29; BeckOK/Gutdeutsch, BGB, Stand 1.2.2014, Rz. 6 a.E. zu § 20 VersAusglG, Rz. 2 a.E. zu § 53), weil sonst der Ausgleichsberechtigte den Sozialversicherungsbeitrag auf denjenigen Teil der Versorgung tragen müsste, der wegen der Anrechnung des Vorwegausgleichs tatsächlich beim Ausgleichsverpflichteten verbleibt. Der prozentuale Sozialversicherungsbeitrag des Antragsgegners beläuft sich auf 1.839,24 EUR: 10.480,14 EUR = 17,55 %. Von den oben ermittelten 286,93 EUR verbleiben nach Abzug dieses Prozentsatzes 236,57 EUR. Das ist mehr als mit der Anschlussbeschwerde verlangt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 84, 81 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG (20 % Scheidungswertes, vgl. Terminsprotokoll des AG Bad Oeynhausen vom 14.3.2003).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7027406

NJW 2014, 6

NJW-RR 2014, 964

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