Leitsatz (amtlich)

Das Interesse des unterhaltspflichtigen Elternteils an einer Erstausbildung tritt jedenfalls dann hinter dem Interesse des Kindes auf Zahlung des Mindestunterhalt zurück, wenn der Unterhaltsverpflichtete bereits mehrere Erstausbildungen abgebrochen hat und aufgrund seiner Schulausbildung sowie sonstigen beruflichen Erfahrung in der Lage ist, eine berufliche Tätigkeit auszuüben, mit der er sowohl sein Einkommen als auch den Mindestunterhalt erwirtschaften kann.

 

Verfahrensgang

AG (Beschluss vom 05.09.2014)

 

Tenor

Der Beschluss des AG vom 5.9.2014 wird wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich März 2014 i.H.v. 460 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 5.4.2014 zu zahlen.

Sie wird weiter verpflichtet, ab April 2014 laufenden Unterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts nach der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Für den Zeitraum April 2014 bis einschließlich April 2015 ist hiervon ein Teilbetrag i.H.v. 180 EUR monatlich an das Land NRW (Unterhaltsvorschusskasse der Stadt C2) zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die weiter gehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 95 % der Antragsgegnerin und i.H.v. 5 % dem Antragsteller auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In diesem Verfahren begehrt der heute elfjährige S, geb. am ... 2003, von seiner Mutter die Zahlung des Mindestunterhalts seit November 2013. Seit dieser Zeit lebt der Junge im Haushalt des Vaters. Er bezieht Leistungen nach dem UVG i.H.v. 180 EUR monatlich. Mit Schriftsatz vom 11.11.2013 forderte er die Antragsgegnerin zur Zahlung des Mindestunterhalts auf.

Die heute 35-jährige Antragsgegnerin hat bislang keine abgeschlossene Berufsausbildung. Im Jahr 1997 erwarb sie in ihrem Heimatland Mexiko die allgemeine Hochschulreife. Nachdem sie ein erstes Studium abgebrochen hatte, begann sie ein Studium des International Business. Sie lernte den Vater des Antragstellers kennen und heiratete ihn im Jahr 2001. Gemeinsam zog man nach L, wo die Antragsgegnerin die deutsche Sprache erlernte. Nach der Geburt Ss blieb die Antragsgegnerin zunächst zu Hause. Später begann sie eine Ausbildung zur Erzieherin, die sie abbrach. Im Juli 2010 begann sie eine Ausbildung bei der Firma C, die sie im März 2011 abbrach. Im Sommer 2011 nahm sie erneut das Studium Internationales Business auf, welches sie im Sommer 2013 abbrach. Ab November 2013 bezog sie zunächst Leistungen nach dem SGB II. Im August 2014 begann sie eine zweijährige Ausbildung/Umschulung zur Veranstaltungskauffrau. Diese brach sie im Oktober 2014 ab. Seit dem 24.11.2014 ist die Antragsgegnerin bei der Firma J in I eingestellt. Ihr monatliches Nettoeinkommen beläuft sich seit Dezember 2014 auf rund 1.425 EUR.

Der Antragsteller hat mit seinem Antrag vom 6.3.2014 erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von Rückständen für den Zeitraum November 2013 bis März 2014 i.H.v. 460 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.4.2014 und ab April 2014 monatlich im Voraus zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts nach der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu verpflichten, wobei für den Zeitraum April bis September 2014 ein Teilbetrag von 180 EUR monatlich an das Land NRW (Unterhaltsvorschusskasse der Stadt C2) gezahlt werden soll. Der Rückstand ergebe sich aus dem Anspruch i.H.v. 272 EUR abzgl. der erhaltenen UVG-Leistungen i.H.v. 180 EUR = 92 EUR × fünf Monate.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat sich schon erstinstanzlich auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Sie habe keine Berufsausbildung. Die Exmatrikulation im Sommer 2013 sei erfolgt, weil der Vater des Antragstellers zu wenig Unterhalt gezahlt habe. Seitdem beziehe sie Leistungen des Jobcenters. Hinsichtlich ihrer Erwerbsbemühungen verweist sie auf eine zu den Akten gereichte Mappe. Im Rahmen einer fiktiven Zurechnung dürften bei ihr ihrer Ansicht nach maximal 8,50 EUR angesetzt werden. Alles andere entspreche nicht ihrem Ausbildungsstand. Zudem verdiene der Kindesvater so viel, dass er auch barunterhaltspflichtig sei.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG die Antragsgegnerin zur Zahlung von 170 EUR monatlich an die UVK für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich Juli 2014 sowie ab September 2016 monatlich im Voraus zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts nach der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzgl. hälftigen Kindergeldes verpflichtet. Im Übrigen hat es den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Bis Juli 2014 sei die Antragsgegnerin nur eingeschränkt leistungsfähig gewesen. Zwar seien ihre Bewerbungen nicht ausreichend gewesen, es sei ihr aber nur ein realistischer Stundenlohn von 10...

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