Leitsatz (amtlich)
Ein Erbbaurecht kann ohne Zustimmung der Berechtigten dinglicher Nutzungsrechte am Erbbaurecht gelöscht werden, wenn diese Rechte inhaltlich identisch auch das Eigentum an dem Grundstück belasten und durch die Löschung des Erbbaurechts denselben Rang erhalten, den sie am Erbbaurecht inne hatten.
Normenkette
GBO § 19; BGB § 876
Verfahrensgang
AG Borken (Aktenzeichen BQ-18161-2) |
Tenor
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Grundbuchamtes, wonach für die Löschung eines Rechts an einem Grundstück gem. § 19 GBO die Bewilligung aller hiervon Betroffenen erforderlich ist. Richtig ist weiter, dass ein Betroffensein i.S.d. § 19 GBO bereits dann vorliegt, wenn sich die beantragte Eintragung auch nur möglicherweise nachteilig auf die jeweilige Rechtsposition auswirkt. Richtig ist schließlich, dass die Bewilligungsnotwendigkeit sich auch aus einer sog. mittelbaren Betroffenheit ergeben kann, zu der auch der hier gegebene Fall der Belastung eines dinglichen Rechts (§ 876 BGB) gehört (vgl. Bauer/v. Oefele/Kössinger, GBO, 3. Aufl., § 19 Rz. 259 ff.).
Der Senat teilt auch noch die Auffassung des Grundbuchamtes, dass diese Grundsätze auch für die Löschung sog. Buchrechte gelten, soweit hiermit gemeint ist, dass das Grundbuchamt im Rahmen des § 19 GBO keine wirtschaftlichen Vergleichsbetrachtungen anzustellen hat. Gleichwohl ist der Senat mit der ganz h. A. (vgl. neben den bereits von der Beschwerde angeführten Belegstellen Kössinger, a.a.O., Rz. 260; Staudinger/Gursky, BGB, Stand 2012, § 876 Rz. 15; BeckOK/GBO-Otto, Stand 6/2013, Erbbaurecht Rz. 136) der Meinung, dass für die Löschung eines Erbbaurechts die Bewilligung der Inhaber von dinglichen Nutzungsrechten an dem Erbbaurecht nicht erforderlich ist, wenn diese mit identischen Rechten in derselben Rangfolge auch an dem Grundeigentum eingetragen sind und durch die Löschung des Erbbaurechts denselben Rang erhalten, den sie am Erbbaurecht inne hatten. Dies gilt allerdings nur, wenn für das Grundbuchamt anhand der Grundbucheintragungen und der in Bezug genommenen Eintragungs-grundlagen feststellbar ist, dass die Rechte inhaltlich identisch sind. Eine wirtschaftliche Vergleichsbetrachtung findet auch hier nicht statt.
Maßgebend ist für den Senat dabei die Überlegung, dass der Inhalt der Rechte und ihr Gegenstand letztlich identisch sind. Das Erbbaurecht als Belastung des Eigentums verselbständigt nämlich lediglich einen Teil der rechtlichen Befugnisse, die ursprünglich mit dem Eigentum verbunden sind. Ein dingliches Nutzungsrecht am Erbbaurecht kann danach weder andere, noch weiter gehende rechtliche Befugnisse verleihen als ein inhaltlich identisches Nutzungsrecht, das das Eigentum belastet. Da sich die Rechtsmacht, die durch die dinglichen Nutzungsrechte beschränkt wird, durch die Löschung des Erbbaurechts wieder im Eigentum vereinigt, kann in der vorgenannten Konstellation somit ausgeschlossen werden, dass die Löschung des Erbbaurechts und der hiermit einhergehende Wegfall der an ihm bestehenden dinglichen Nutzungsrechte die Nutzungsberechtigten nachteilig in ihrer Rechtsposition betrifft.
Die o.g. Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die inhaltliche Identität der drei in Frage stehenden Grunddienstbarkeiten steht schon deshalb zweifelsfrei fest, weil diese durch jeweils dieselbe Erklärung sowohl am Eigentum wie auch am Erbbaurecht begründet und bewilligt worden sind.
Die Entscheidung ist rechtskräftig
Fundstellen
Haufe-Index 5200929 |
MittBayNot 2014, 431 |
NotBZ 2013, 399 |