Leitsatz (amtlich)

Schließt ein Elternteil, der zuvor den Kindesunterhalt in Verfahrensstandschaft geltend gemacht hat, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes einen Vergleich über dessen Unterhalt, so handelt er als Nichtberechtigter i.S. des § 185 BGB. Die im Vergleichsabschluss liegende Prozesshandlung ist regelmäßig nicht genehmigungsfähig, weil ein besonderes, rechtsschutzwürdiges Interesse des Elternteils an der Geltendmachung des Kindesunterhalts nicht bestehen wird.

 

Normenkette

BGB §§ 185, 1629 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Arnsberg (Aktenzeichen 23 F 140/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Arnsberg vom 01.04.2019 abgeändert und festgestellt, dass das Verfahren in erster Instanz durch den Vergleich vom 25.10.2018 nicht wirksam beendet worden ist.

 

Gründe

A. Im Zwischenverfahren vor dem Senat streiten die Beteiligten, ob das Verfahren über Trennungs- und Kindesunterhalt, das die Antragstellerin zu 1. in erster Instanz gegen den Antragsgegner geführt hat, durch einen von beiden geschlossenen gerichtlichen Vergleich wirksam beendet worden ist.

Die am 00.00.1974 geborene Antragstellerin zu 1. und der am 00.00.1972 geborene Antragsgegner sind seit dem 00.06.2000 miteinander verheiratet. Seit dem 30.01.2018 leben sie getrennt; seinerzeit zog der Antragsgegner aus der ehelichen Immobilie, dem Hausgrundstück Astraße 01 in B, das ihm allein gehört, aus. Zwischen ihnen ist das Scheidungsverfahren anhängig (Amtsgericht - Familiengericht - Arnsberg 23 F 18/19).

Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die am 00.00.2000 geborene Antragstellerin zu 2. und die Tochter D C, geboren am 00.00.2004. Nach dem Auszug des Antragsgegners verblieben beide in der Obhut der Antragstellerin zu 1. Die Tochter D war und ist Schülerin. Die Antragstellerin zu 2. besuchte bis zum Sommer 2019 das Gymnasium und schloss diesen Schulbesuch mit dem Erwerb des Abiturs ab. Sie will im August 2020 eine Ausbildungsstelle antreten, die ihr der Antragsgegner vermittelt hat. Zwischen Schulbesuch und Antritt der Ausbildungsstelle hat sie an einem Sprachkurs in E teilgenommen und "gejobbt."

Der Antragsgegner ist seit dem 00.00.1988 bei der Fa. F GmbH in B beschäftigt. Seine Arbeitgeberin stellt ihm ein Firmenfahrzeug zur Verfügung. Die Antragstellerin zu 1. ist bei demselben Unternehmen beschäftigt, allerdings zu einem deutlich geringeren Einkommen.

Mit Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 21.02.2018 nahm die Antragstellerin zu 1. den Antragsgegner auf Erteilung von Auskunft über sein Einkommen sowie auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch. Der Antragsgegner kam diesem Auskunftsverlangen nach.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 08.06.2018, bei dem Familiengericht eingegangen am 11.06.2018, hat die Antragstellerin zu 1. sodann den Antragsgegner gerichtlich auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt für beide Töchter für die Zeit ab Februar 2018 in Anspruch genommen. Den Kindesunterhalt hat sie als Verfahrensstandschafterin nach § 1629 Abs. 3 BGB geltend gemacht, denn die Antragstellerin zu 2. und die weitere Tochter D waren seinerzeit noch minderjährig.

Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Antragstellerin zu 1. und der Antragsgegner insbesondere über die Höhe des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Antragsgegners, die Höhe des der Antragstellerin zu 1. anzurechnenden Wohnvorteils sowie die Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten der Antragstellerin zu 1. gestritten. Die Antragstellerin zu 1. hat das Netto-Erwerbseinkommen des Antragsgegners in erster Instanz zuletzt mit monatlich 5.734 EUR und für die Zeit ab Juli 2018 wegen des Wechsels in die Steuerklasse IV mit monatlich 4.971,88 EUR bemessen. Es sei um Beiträge für eine Direktversicherung iHv. 63,91 EUR im Monat, den Netto-Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen iHv. 18 EUR sowie um Beiträge für eine zusätzliche Krankenversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung iHv. 31,19 EUR und 20,93 EUR im Monat zu bereinigen. Hinzuzurechnen seien monatliche Zinseinkünfte iHv. 185,61 EUR. Ihr Netto-Erwerbseinkommen hat die Antragstellerin zu 1. für die Zeit bis Juni 2018 mit 1.539,01 EUR und für die Folgezeit mit 1.874,20 EUR im Monat bemessen. Auf der Grundlage dieser Zahlen hat sie Kindesunterhalt für beide Töchter nach der 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle in damaliger Fassung, d. h. 651 EUR je Kind und Monat, sowie Trennungsunterhalt iHv. 1.791,36 EUR im Monat für die Monate Februar - Juni 2018 und iHv. 1.321,08 EUR im Monat für die Folgezeit geltend gemacht.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Unterhaltsanträge insgesamt zurückzuweisen. Er ist der Unterhaltsberechnung der Antragstellerin zu 1. entgegen getreten und hat unter näherer Darlegung geltend gemacht, sein einzusetzendes Einkommen sei deutlich geringer als von der Antragstellerin zu 1. behauptet. Zudem seien der ihr anzurechnende Wohnvorteil deutlich höher als von ihr angegebe...

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