Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßregelvollzug. medizinische Zwangsbehandlung zur Erreichung der Entlassfähigkeit. Anforderungen an den Überzeugungsversuch i.S.d. § 17a Abs. 2 Nr. 2 MRVG NRW
Leitsatz (amtlich)
1. Der nach § 17a Abs. 2 Nr. 2 MRVG NRW erforderliche Versuch, vor einer auf die Erreichung der Entlassfähigkeit eines im nordrhein-westfälischen Maßregelvollzug Untergebrachten gerichteten medizinischen Zwangsbehandlung mit dem nötigen Zeitaufwand dessen Zustimmung zu erreichen, sowie die insofern im Falle eines gerichtlichen Verfahrens erforderlichen Feststellungen müssen sich - auch bei einer wiederholten Anordnung dieser Maßnahme - auf die jeweils konkret beabsichtigte Behandlung beziehen (Fortführung Senat, Beschluss vom 03.12.2018 - III-1 Vollz(Ws) 311/18 -, juris).
2. Die Anforderungen an den zeitlichen Umfang und die übrige Ausgestaltung des Überzeugungsversuchs im Sinne des § 17a Abs. 2 Nr. 2 MRVG NRW hängen stark vom jeweiligen Krankheitsbild im Einzelfall sowie von der Art der beabsichtigten ärztlichen Zwangsmaßnahme ab. Jedenfalls bei der geplanten Verabreichung von Psychopharmaka erscheint ein nur einmaliger Überzeugungsversuch im Sinne eines einzigen dokumentierten Gesprächskontakts grundsätzlich keinesfalls ausreichend; vielmehr erfordert der für solche Versuche zumindest nötige Zeitaufwand mindestens drei solcher an verschiedenen Tagen auf die konkret beabsichtigte Medikation bezogenen Gesprächsversuche.
Normenkette
MRVG NRW § 17a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 13 StVK 2/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss sowie die Anordnung der vom LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie P dem Betroffenen mit Schreiben vom 02.01.2018 angekündigten Zwangsbehandlung des Betroffenen mit Olanzapin (Zypadhera) 405 mg für einen Zeitraum von drei Monaten nebst leitliniengerechter Begleitdiagnostik werden aufgehoben.
Die Kosten des gesamten gerichtlichen Verfahrens einschließlich des mit Senatsbeschluss vom 03.12.2018 (III-1 Vollz(Ws) 311/18) abgeschlossenen früheren Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie der notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Landeskasse zu tragen.
Gründe
I.
Gegen den bereits zuvor mehrfach geschlossen stationär untergebrachten bzw. insbesondere wegen verschiedener Gewaltstraftaten inhaftierten Betroffenen wurde durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 04.12.2013 unter anderem wegen einer im Juni 2013 gewaltsam und unter Einsatz einer Gaspistole erfolgten Flucht während eines stationären Klinikaufenthaltes die (erneute) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Nach den damaligen Feststellungen leidet er - so die Darstellung im vorliegend angefochtenen Beschluss - an einer "paranoiden Schizophrenie, episodisch, mit zunehmendem Residuum, einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung".
Mit Verfügung vom 21.12.2017 gestattete der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug Nordrhein-Westfalen auf dessen Antrag dem LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie P, in dem die vorgenannte Maßregel seit dem 29.12.2015 vollzogen wird, den Betroffenen für die Dauer von drei Monaten mit dem - dem Betroffenen bereits in der Vergangenheit verabreichten - Neuroleptikum Olanzapin (Zypadhera) 405 mg einschließlich der erforderlichen Begleitdiagnostik auch gegen dessen natürlichen Willen zwangsweise zu behandeln. Mit Schreiben vom 02.01.2018 kündigte daraufhin die Antragsgegnerin dem Betroffenen bzw. seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten den Beginn der Zwangsbehandlung binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens an, gegen die er mit anwaltlichen Schriftsatz vom 19.01.2018 eine gerichtliche Entscheidung beantragt hat.
Einen ersten Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 23.04.2018, mit dem sie diesen Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen hatte, da die von der Klinik beabsichtigte Zwangsmedikation gemäß § 17a MRVG NRW rechtmäßig angeordnet worden sei, hat der Senat auf die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 03.12.2018 (III-1 Vollz(Ws) 311/18, juris) aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen. Zur Begründung hatte der Senat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Strafvollstreckungskammer mangels diesbezüglich hinreichender Feststellungen ihre Auffassung nicht tragfähig begründet hatte, dass von der Antragsgegnerin mit dem nötigen Zeitaufwand der Versuch unternommen worden sei, die Zustimmung des Betroffenen zu der von ihr für erforderlich erachteten medikamentösen Behandlung zu erreichen (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 MRVG NRW). Insofern hat der Senat ausgeführt, dass konkrete Feststellungen zu den vor der am 02.01.2018 erfolgten Ankündigung der Zwangsbehandlung erforderlichen Überzeugungsversuchen durch die Einrichtung und dem entsprechenden Zeitaufwand hinsichtlich der konkret beabsichtigten Behand...