Normenkette
ZPO §§ 114, 127 Abs. 2, 4, § 138 Abs. 3; BGB §§ 215, 242, 253 Abs. 2, §§ 254, 393, 839, 839 Abs. 3; StPO § 119 Abs. 2, 2 S. 3; StVollzG §§ 18, 18 Abs. 1 S. 1, §§ 109, 114, 114 Abs. 1-3, § 144 Abs. 2, § 201 Nrn. 3, 3 S. 1; VorschverfG NW § 1 Abs. 3 S. 2; StrEG § 7 Abs. 3; GKG § 3 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hagen (Entscheidung vom 25.07.2008; Aktenzeichen 2 O 46/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.08.2008 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 25.07.2008 abgeändert.
Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt C2 aus E ratenfreie Prozesskostenhilfe für den Antrag bewilligt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 4.885,00 € zu zahlen.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf die Hälfte zu ermäßigen.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der in der vor dem 01.01.1977 errichteten JVA I2 vom 06.05.2005 - 07.12.2005 in Untersuchungshaft war und anschließend dort bis zum 13.02.2006 eine Freiheitsstrafe verbüßte, begehrt mit seiner beabsichtigten Klage vom Land Nordrhein-Westfalen (= Antragsgegner) die Zuerkennung einer Entschädigung wegen seines Erachtens menschenunwürdigiger Haftunterbringung über einen Zeitraum von nach seinen Angaben zunächst (Antragsschrift vom 06.02.2008) 284 Tagen, später (Schreiben vom 10.05.2008) insgesamt 266 Tagen in Höhe von kalendertäglich 100,00 € (Schreiben vom 08.05.2008).
Nach Vortrag des Antragstellers sowie unter Berücksichtigung des unwidersprochen gebliebenen und daher nach § 138 III ZPO als zugestanden anzusehenden Vortrags des Antragsgegners (Schriftsatz vom 18.04.2008) war der Antragsteller in der von seinem Entschädigungsbegehren umfassten Zeit wie folgt untergebracht:
- in der Zeit vom 06.05. - 15.05.2005 (= 10 Tage) zusammen mit zwei weiteren Mitgefangenen in den jeweils 16,7 m2 großen Gemeinschaftshafträumen 259 und 256; die mit einer Toilette ausgestattet waren, die weder baulich abgetrennt noch gesondert entlüftet war;
- in der Zeit vom 15.05 - 01.06.2005 als besondere Sicherungsmaßnahme allein in dem speziell gesicherten Haftraum 313; Angaben zu dessen Größe und Ausstattung fehlen;
- vom 01.06. - 11.10.2005 (= 132 Tage) zusammen mit zwei Mitgefangenen in dem 14,8 m2 großen Haftraum 441, die dortige sanitäre Ausstattung entsprach derjenigen in den Hafträumen 259 und 256;
- vom 11.10 - 17.10.2005 (= 6 Tage) zusammen mit 3 Mitgefangenen in dem 16,33 m2 großen Gemeinschaftshaftraum 478; auch dieser Haftraum war mit einer Toilette ausgestattet, die weder baulich abgetrennt noch gesondert entlüftet war;
- am 19.10.2005 (= 1 Tag) zusammen mit zwei Mitgefangenen in dem 12,99 m2 großen Haftraum 446, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 19.10. - 22.11.2005 (= 34 Tage) zusammen mit drei Mitgefangenen in dem 16,33 m2 großen Haftraum 478, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 25.11. - 28.11.2005 (= 4 Tage) zusammen mit zwei Mitgefangenen in dem 12,99 m2 großen Haftraum 546, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 30.11. - 01.12.2005 (= 2 Tage) zusammen mit zwei Mitgefangenen in dem 12,99 m2 großen Haftraum 626, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 01.12. - 06.12.2005 (= 5 Tage) zusammen mit drei Mitgefangenen in dem 16,33 m2 großen Haftraum 478, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 06.12.2005 - 01.02.2006 (= 57 Tage) zusammen mit drei Mitgefangenen in dem 16,7 m2 großen Haftraum 259, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben;
- vom 01.02. - 03.02.2006 befand sich der Antragsteller in Einzelhaft; Angaben zu Größe und Ausstattung des Haftraums fehlen;
- vom 03.02. - 13.02.2006 (= 10 Tage) zusammen mit drei weiteren Mitgefangenen in dem 14,33 m2 großen Gemeinschaftshaftraum 501, sanitäre Ausstattung wie vorstehend beschrieben.
Die Belegungssituation in der JVA Hagen war im hier interessierenden Zeitraum nach Angaben des Landes angespannt. Ein Antrag auf Einzelunterbringung wurde vom Antragsteller nach unwidersprochenem Vortrag des Landes nicht gestellt. Rechtsmittel gegen seine Unterbringung in Gemeinschaftshafträumen hat der Antragsteller gleichfalls nicht ergriffen.
Der Antragsteller macht geltend, seine gemeinschaftliche Unterbringung in der JVA Hagen habe gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoßen. Hierin liege eine Amtspflichtverletzung, für die das Land hafte. Die ihm zuzubilligende Geldentschädigung sei mit 100,00 € pro Tag anzusetzen.
Das Land tritt dem entgegen und bestreitet unter näher Darlegung eine ihm zur Last fallende Amtspflichtverletzung. Hilfsweise hat es die Aufrechnung mit ihm zustehenden Kostenerstattungsansprüchen in Höhe von 19.010,08 € erklärt.
Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ob eine menschenunwürdige Unterbringung des Antragstellers vorgelegen habe, könne letztlich dahin stehen, da e...