Leitsatz (amtlich)
1. Brautschmuck, der bei einer in der Türkei stattfindenden Hochzeit zwischen türkischstämmigen Eheleuten der Ehefrau umgehängt wird, gilt vorbehaltlich eines Gegenbeweises als ihr geschenkt.
2. Verkauft der Ehemann ohne Zustimmung der Ehefrau den ihr so geschenkten Schmuck ohne deren Zustimmung, ist er zum Schadenersatz verpflichtet.
3. Bei der Ermittlung des Wertes des nicht mehr vorhandenen Schmuckes kommt der Ehefrau das Beweismaß des § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO zu Gute.
Verfahrensgang
AG Bochum (Aktenzeichen 87 F 33/13) |
Tenor
I. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird aus den Gründen des nachfolgenden Beschlussentwurfes zurückgewiesen.
II. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, gemäß § 68 Abs. 3 FamFG im schriftlichen Verfahren nach Ablauf einer Stellungnahmefrist von drei Wochen über die Beschwerde des Antragsgegners vom 04.12.2015 wie folgt zu entscheiden:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 04.02.2016 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 28.045 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind seit dem Jahr 2011 getrennt lebende Eheleute, die am 30.03.2009 in L standesamtlich geheiratet haben. Am 25.07.2009 fand die Hochzeitsfeier in der Türkei statt. Anlässlich dieser Hochzeit wurden der Antragstellerin von verschiedenen Verwandten mehrere, in der ursprünglichen Antragsschrift vom 01.02.2013 bezeichnete Schmuckstücke übergeben, nämlich eine Goldkette, 14 gemusterte Armreifen aus Gold, 2 glatte Armreifen aus Gold, eine Armkette und eine Halskette, ebenfalls jeweils aus Gold. Diesen Schmuck trug die Antragstellerin während der Hochzeitsfeier sowie einige Wochen danach, nämlich im Verlaufe des weiteren Aufenthaltes in der Türkei sowie die erste Zeit nach Rückkehr nach Deutschland. Am 17.08.2009 übergab die Antragstellerin die Schmuckstücke im Beisein des Antragsgegners und mit dessen Zustimmung an dessen Bruder D, damit dieser den Schmuck in einem Schließfach verwahren solle. Nach der Trennung hat der Antragsgegner den Schmuck von seinem Bruder erhalten und einige Wochen nach der Trennung durch seinen Vater bei einem Juwelier in der Türkei für insgesamt - laut vorgelegter Quittungen - knapp 35.000 türkische Lira (entsprach seinerzeit laut den vorgelegten Belegen etwa 14.300 EUR) verkaufen lassen.
Die Antragstellerin hat behauptet, der Wert des Schmucks betrage insgesamt 29.100 EUR. Sie habe ihn anlässlich der Hochzeit von den Verwandten geschenkt bekommen.
Nachdem sie zunächst die Herausgabe des Schmucks binnen einer Frist von 4 Wochen begehrt hat, hat sie, nachdem der Antragsgegner den Verkauf der Schmuckstücke eingeräumt hat, die Erledigung des Herausgabeantrages erklärt und stattdessen Wertersatz in Höhe von 29.100 EUR begehrt.
Der Antragsgegner hat den Wert des Schmucks bestritten und weiter behauptet, der Schmuck sei ihm geschenkt worden.
Zudem hat er sich im Wege der Hilfsaufrechnung mit einer unstreitigen Forderung in Höhe von 699 EUR verteidigt, hinsichtlich derer die Antragstellerin im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs gemäß § 426 Abs. 1 BGB für nach der Trennung aufgelaufene Mietverbindlichkeiten, die der Antragsgegner alleine gezahlt hat, zur Hälfte haftet.
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss der Antragstellerin nach Einholung eines schriftlichen Wertgutachtens einen Betrag in Höhe von 27.345 EUR zugesprochen und den Antrag in geringem Umfang zurückgewiesen. Über die Hilfsaufrechnung des Antragsgegners hat es nicht entschieden.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragstellerin ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung zustehe. Die Antragstellerin habe Alleineigentum an dem Schmuck erworben. Dies ergebe sich daraus, dass es sich um Damenschmuck handele, ihr dieser bei der Hochzeitsfeier übergeben worden sei, dieser von ihr getragen worden sei und im türkischen Kulturkreis, aus dem die Beteiligten stammten, üblicherweise Goldschmuck, der der Braut bei der Hochzeit übergeben werde, dieser auch dazu diene, ihr im Fall des Scheiterns der Ehe diese abzusichern. Der Wert des Schmucks folge aus den überzeugenden Darstellungen der Sachverständigen Q.
Mit seiner gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde begehrt der Antragsgegner weiterhin die vollständige Zurückweisung des Antrags. Zur Begründung ist nochmals ausgeführt, dass der Schmuck der Antragstellerin nur übergeben worden sei, damit sie diesen während der Hochzeitsfeier trägt; vielmehr sei der Schmuck dem Antragsgegner geschenkt worden. Das Gutachten sei fehlerhaft, weil falsche Gewichtsangaben zugrunde gelegt und die Verkaufsquittungen nicht berücksichtigt worden seien.
Ferner rügt der Antragsgegner, dass die von ihm erklärte Hilfsaufrechnung nicht berücksichtigt worden sei.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Zu...