Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei einer in Deutschland nach türkischem Ritus abgehaltenen Hochzeitsfeier anlässlich der Schließung einer Imam-Ehe der Braut Goldschmuck umgehängt ("taki"), so kann für die Frage, wer Eigentümer des Schmucks geworden ist, mangels ausdrücklicher Einigungserklärungen der Beteiligten darauf abgestellt werden, welche Vorstellungen diese bei der Übergabe hatten.
2. Die nach türkischem Ritus sog. "Brautgabe" (türkisch: "taki") dient unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der türkischen Obergerichte zur Absicherung der Ehefrau für den Fall des Scheiterns der Ehe.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 7 O 103/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.07.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 7 O 103/15) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz für ihr anlässlich ihrer Hochzeit übergebene Goldgeschenke.
Am 29.10.2011 heiratete die damals schwangere Klägerin in einer islamischen Trauungszeremonie (Imam-Ehe), die in der Wohnung der Beklagten in S. stattfand, den Sohn der Beklagten, den Zeugen U. D. Eine staatliche Ehe wurde nicht geschlossen. Im Anschluss daran fand eine Hochzeitsfeier in S. statt. Die Familien beider Parteien sind türkische Staatsangehörige, wobei die Beklagten der kurdischen Minderheit in der Türkei angehören; beide Parteien leben mit ihren Familien seit Jahrzehnten in Deutschland.
Im Rahmen der Hochzeitsfeier, die mit mindestens 500 Gästen in einer angemieteten Halle stattfand und nach türkischem Brauch von den Beklagten finanziert wurde, wurde der Klägerin von den Beklagten sowie anderen Mitgliedern beider Familien diverser Goldschmuck übergeben. Die Beklagten übergaben der Klägerin acht geflochtene (Burma-)Armreifen 22 Karat Gold, einen Goldhandschuh 22 Karat Gold, eine 2,5 m lange Goldkette 22 Karat Gold, ein Goldset bestehend aus zwei Ohrringen, einer Kette und einem Armreif 22 Karat Gold, sowie zwei runde goldene Anhänger mit dem Konterfei von Atatürk. Dieser Schmuck wurde im Rahmen der Feier der Klägerin umgehängt bzw. angelegt. Bei der Feier wurde von den Gästen zudem Bargeld in Höhe von mindestens 46.000 EUR eingesammelt, welches im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht streitgegenständlich ist.
Unmittelbar nach der Hochzeitsfeier übergab die Klägerin den gesamten anlässlich der Hochzeit geschenkten Goldschmuck ihrer Mutter. Am nächsten Tag fuhr die Klägerin mit ihrer Mutter und dem Zeugen U. D. zu den Beklagten und übergab ihnen diesen Schmuck, die ihn zunächst bei sich zuhause und anschließend in einem Schließfach bei einer Bank aufbewahrten.
Später trennten sich die Klägerin und der Zeuge U. D. Die Klägerin verlangte mehrfach von den Beklagten sämtlichen ihr bei der Hochzeit überreichten Goldschmuck heraus.
Am 19.02.2012 trafen sich die Klägerin und der Beklagte zu 2 im Beisein von verschiedenen Zeugen in einem Café in Völklingen. Der Klägerin wurde bei diesem Treffen der Anteil des Goldschmucks, der von ihrer eigenen Familie stammte, herausgegeben, nicht hingegen der hier streitgegenständliche, von der Familie des Bräutigams geschenkte Schmuck. In dem Café wurde eine handschriftliche Vereinbarung in teils deutscher, teils türkischer Sprache getroffen, deren Inhalt und Einzelheiten streitig sind. Der Beklagte zu 2 diktierte hierbei, was aufgeschrieben werden sollte; die Schwester der Klägerin schrieb die Vereinbarung in deutscher und darunter in türkischer Sprache wie folgt auf:
"Hiermit bestätige ich Z. A. und G. B., dass ich meinen Anteil am Goldschmuck (Menge: 1 Set bestehend aus Kette, Ohrringen und Armreif, 1 Halskette, 1 weitere Halskette für Frau, 1 Armband, 8 Armreifen), welches auf der Hochzeitsfeier (29.10.2011) von meiner Mutter Z. A. an mich G. B. verschenkt wurde, bekommen habe."
Anschließend folgt ein Text in türkischer Sprache (vgl. Bl. 51 d.A.). Die in erster Instanz von den Beklagten vorgelegte, von einem öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer angefertigte Übersetzung dieses Textes (Anlage K 7, Bl. 88 d.A.) lautet wie folgt:
"Ich werde das Gold und die Möbel, welche zu G. angehören, übergeben. Es wurde nur das Gold, welche von der Familienseite von G. verschenkt worden waren, übergeben. Es sind 8 (Acht) Goldarmbände, 1 (Ein) Set, 1 (Ein) Halskette und noch 1 (Ein) Halskette."
Unter der Vereinbarung befinden sich die Namen der Klägerin, ihrer Mutter und des Beklagten zu 2; unterschrieben ist sie von der Klägerin und ihrer Mutter.
Am 30.07.2012 stellte die Klägerin Strafanzeige zunächst gegen den Beklagten zu 2, anschließend auch gegen die Beklagte zu 1 (Bl. 17 BA) wegen Unterschlagung eines Geldbetrags von 46.000 EUR sowie von Goldschmuck. Das Ermittlungsverfahren wurde am 28.04.2014 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (vgl. Einstellungsverfügung Bl. 64 f. BA).
Ursprünglich hat die Kläg...