Leitsatz (amtlich)

I. Eine Einzelvollmacht für einen städtischen Mitarbeiter, die ihm Vertretungsmacht für eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften über den Kreis der Geschäfte laufender Verwaltung hinaus verschafft, ist unwirksam (wie BGH NJW 2009, 289) II. Der Begriff der "Geschäfte laufender Verwaltung" in § 64 Abs. 2 GO-NW ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Prüfung und Anwendung durch das Grundbuchamt unterliegt.

III. In dem durch § 29 GBO eingeschränkten Nachweisrahmen hat das Grundbuchamt zu prüfen, ob zweifelsfrei ein Geschäft laufender Verwaltung vorliegt. Soweit dies bejaht werden kann, bedarf es weiter der Prüfung, ob der die Bewilligung erklärende Mitarbeiter zur Vertretung des Bürgermeisters befugt ist.

 

Normenkette

GBO § 29; GO-NW § 64

 

Verfahrensgang

AG Bochum (Beschluss vom 20.01.2010; Aktenzeichen Bl. 0005 (LA-5-266))

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wird die Zwischenverfügung dahingehend ergänzt, dass das Eintragungshindernis auch durch den urkundlichen Nachweis beseitigt werden, dass der Unterzeichner der Bewilligung vom 12.1.2010 zur Vertretung der Oberbürgermeisterin in Geschäften der laufenden Verwaltung befugt ist.

 

Gründe

Die Beschwerde ist nach den §§ 71 Abs. 1, 72 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt.

In der Sache ist die Beschwerde insoweit begründet, als das AG mit seiner Zwischenverfügung nicht alle Möglichkeiten zur Behebung des Eintragungshindernisses aufgezeigt hat. Dies führt zur Ergänzung der Zwischenverfügung.

Zutreffend ist allerdings der Ansatz des AG, dass der beantragten Eintragung gegenwärtig ein Hindernis entgegensteht, da die Vertretungsmacht der Person, die die Bewilligung erklärt hat, nicht hinreichend nachgewiesen ist. Die Vollmacht vom 4.1.2010 ist unwirksam.

Nach § 64 Abs. 1 GO-NW sind Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, in Schriftform abzugeben und von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter und einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen. Darin liegt die Anordnung einer Gesamtvertretung (BGH NJW 1982, 1036; NJW 1998, 3058). Der Unterschrift dieser zwei Personen bedarf es nur dann nicht, wenn ein Geschäft der laufenden Verwaltung betroffen ist (Abs. 2 der Vorschrift) oder wenn ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter die Erklärung abgibt (Abs. 3 der Vorschrift). Eine derartige Vollmacht ist allerdings nur wirksam, wenn sie nicht so weit gefasst ist, dass damit die Vorschriften über die Gesamtvertretung unterlaufen werden (vgl. BGH NVwZ-RR 1997, 725). Die Gesamtvertretung dient dem Schutz des Vertretenen. Sie kann deshalb von den Vertretern nicht geändert werden. Ihnen ist es auch versagt, eine Einzelvollmacht zu erteilen, die so weit geht, dass sie einer Alleinvertretung gleichkommt (BGH NJW-RR 1986, 778).

Die Erklärung, dass die Belastung des städtischen Grundstücks mit beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten bewilligt wird, war eine Verpflichtungserklärung i.S.d. § 64 Abs. 1 GO NW. Dadurch sollte die Gemeinde verpflichtet werden, die entsprechende Nutzung des Grundstücks zu dulden. Die Vollmacht vom 4.1.2010 überschreitet die Grenzen, die sich für derartige Geschäfte aus § 64 Abs. 1 GO NW ergeben. Die Vollmacht ist u.a. für sämtliche grundstücksbezogenen Rechtsgeschäfte mit einer lediglich wertmäßigen Begrenzung auf den Betrag von 500.000 EUR der einzelnen Angelegenheit erteilt. Weder beschränkt sie sich auf ein Einzelgeschäft oder einen bestimmten, sachlich abgegrenzten Kreis von Geschäften noch beschränkt sie sich auf Geschäfte der laufenden Verwaltung. Unter Geschäften der laufenden Verwaltung sind Geschäfte zu verstehen, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und nach Größe, Umfang der Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft der beteiligten Gemeinde von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind (BGHZ 92, 164; NVwZ-RR 1997, 725). Einschränkungen in diesem Sinne enthält die Vollmacht nicht. Vielmehr kann bei einem Geschäft mit einem Wert von 500.000 EUR, zu dem die Vollmacht ihrem Inhalt nach Vertretungsmacht begründen soll, auch bei einer Stadt der Größe Cs nicht mehr von einem Geschäft weniger erheblicher Bedeutung ausgegangen werden. Dies wird indiziell dadurch bestätigt, dass § 5 der Hauptsatzung für Geschäfte ab einer Wertgrenze von 30.000 bzw. 60.000 EUR eine Einschaltung des Rates vorsieht. Die Befassung des Rates mit einer Angelegenheit spricht im Regelfall nämlich gegen ihre Einordnung als Geschäft der laufenden Verwaltung (vgl. BGH NVwZ-RR 1997, 725 f.).

Eine Vollmacht, die gegen den Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GO NW verstößt, ist unwirksam (BGH NJW 2009, 289, 291). Die materiell-rechtlich vielleicht nahe liegende Frage, ob eine (geltungserhaltende) Auslegung oder Umdeutung der Vollmacht dahingehend möglich ist, dass sie sich nur auf Geschäfte der laufenden Verwaltung erstrecken soll, bedarf im Eintragungsverfahren nach der GBO keiner Vertiefung. Wenn die Vollmacht, wie im vor...

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