Leitsatz (amtlich)
Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid kann, wenn der Betroffene vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden ist, nicht mit der Begründung verworfen werden, der Verteidiger des Betroffenen sei ohne genügende Entschuldigung nicht zum Termin erschienen.
Verfahrensgang
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Oberbürgermeister der Stadt Hagen hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 2. August 2000 wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 210, 00 DM festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Einspruch eingelegt. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 26. Februar 2000 ist er vom Erscheinen in der daraufhin anberaumten Hauptverhandlung befreit worden. In der Hauptverhandlung ist sein Verteidiger ebenfalls nicht erschienen. Das Amtsgericht hat den Einspruch des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen und das u. a. damit begründet: "Der Verteidiger ist jedoch ohne genügende Entschuldigung zum Hauptverhandlungstermin nicht erschienen. ". Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die vom Amtsgericht mit Zustellung des angefochtenen Urteils angeregt worden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Betroffene rügt mit seiner Verfahrensrüge zu Recht, dass das Amtsgericht seinen Einspruch nicht gemäß § 74 Abs. 2 OWiG hätte verwerfen dürfen.
Die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG haben nicht vorgelegen. Nach § 74 Abs. 2 OWiG muss das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil (nur) dann verwerfen, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war. Vorliegend ist der Betroffene aber durch die Verfügung des Amtsgerichts vom 26. Februar 2001 gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden worden. Damit hätte das Amtsgericht - wie es nachträglich zutreffend erkannt hat -, als der Betroffene nicht erschien, nach § 74 Abs. 1 Satz 1 OWiG verfahren und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen müssen. Dass auch der Verteidiger des Betroffenen, der ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung geladen war, in der Hauptverhandlung nicht erschienen ist, ist unerheblich. § 73 Abs. 3 OWiG verpflichtet den Betroffenen nicht, sich durch einen bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen. Der (bevollmächtigte) Verteidiger ist zudem auch nicht verpflichtet, im Fall des Nichterscheinens des von seiner Anwesenheitspflicht befreiten Betroffenen an der Hauptverhandlung teilzunehmen mit der Folge, dass der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verworfen werden muss, wenn der Verteidiger nicht erscheint.
III.
Damit war das angefochtene Verwerfungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hagen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben wird, zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2576939 |
ZAP 2001, 1455 |
NZV 2001, 491 |
ZfS 2002, 44 |
VRA 2001, 158 |