Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Bezeichnung eines Messverfahrens als "Radarmessung" ist bei einem standardisierten Messverfahren ausreichend.

  • 2.

    Zu den Anforderungen an das tatrichterliche Urteil im Fall der Täteridentifizierung anhand eines Lichtbildes.

 

Verfahrensgang

AG Brilon (Entscheidung vom 11.11.2004)

 

Tenor

  • 1.

    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

    Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung des Einzelrichters).

  • 2.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

  • 3.

    Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

  • 4.

    Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Amtsgericht Brilon zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Brilon hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen eines "fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 3 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG" eine Geldbuße von 150,00 Euro festgesetzt.

Hiergegen richtet sich der zulässige Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde des Betroffenen und die ebenfalls zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, die sich mit der allgemeinen Sachrüge allein gegen die Nichtverhängung des Regelfahrverbotes wendet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit ihrer Stellungnahme vom 18. August 2005 klarstellend die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

II.

Es ist geboten, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, § 80 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG. Damit war zugleich die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu übertragen, § 80 a Abs. 3 OWiG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist vorliegend geboten, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung hinsichtlich der Anforderungen an die Urteilsgründe bei der Identifizierung eines Betroffenen anhand eines Beweisfotos, an die richterliche Überzeugungsbildung und an die Urteilsgründe zu wahren.

Insoweit handelt es sich um eine Entscheidung des Einzelrichters.

III.

Durch das angefochtene Urteil ist der Betroffene der Sache nach der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig gesprochen worden (zur korrekten Abfassung des Schuldspruches vgl. § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 260 Abs. 4; Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage, § 260 Rdnr. 23, OLG Hamm, 2. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 12. April 1999 2 Ss OWi 25/99 = VRS 97, 210; 4. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 29. Mai 2001 4 Ss OWi 402/01 jeweils m.z.w.N.).

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der 47-jährige Betroffene, der nach einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit ab dem 15. November 2004 mit Bezirk im Bereich Hannover, Osnabrück und Alfeld "eine Tätigkeit als freier Handelsvertreter im Werbungs- und Anzeigenbereich erhalten" kann, am Morgen des 18. April 2004 mit seinem Pkw, amtliches Kennzeichen XXXXXX, im Bereich der geschlossenen Ortschaft Brilon-Wald die Krombacher Straße aus Willingen kommend in Richtung Brilon mit einer Geschwindigkeit von 85 km/h und überschritt dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit offenbar infolge Fahrlässigkeit um 35 km/h.

Die Höhe der vorwerfbaren Geschwindigkeit hat das Amtsgericht aufgrund einer ordnungsgemäßen "Radarmessung" mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 88 km/h festgestellt. Von der Täterschaft des Betroffenen, der bestritten hatte, das Fahrzeug zur Tatzeit geführt zu haben, hat sich das Amtsgericht dadurch überzeugt, dass es die Messfotos, auf die es gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verwiesen hat, mit dem in der Hauptverhandlung erschienen Betroffenen verglichen hat. Weitere Angaben zur Beweiswürdigung enthält das Urteil nicht.

Im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Betroffene sei einmal wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h am 01.11.2003 in Erscheinung getreten. Der Landrat des HSK habe wegen dieses Verstoßes gegen ihn am 09.04.2003 eine Geldbuße von 50,00 Euro festgesetzt.

Weiter ist ausgeführt:

"Es liegt eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung vor.

Im Bußgeldkatalog ist eine Regelbuße von 100,00 Euro vorgesehen sowie ein Fahrverbot von 1 Monat.

Das Gericht ist der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall von der Verhängung des Fahrverbotes gem. § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung abgesehen werden kann, denn die Verhängung eines solchen bedeutet angesichts der persönlichen Situation für ihn eine besondere Härte. Der Betroffene ist dringend auf die Fahrerlaubnis und die Möglichkeit der Nutzung des Pkw angewiesen, weil er nunmehr nach Antritt seiner neuen Tätigkeit nach längerer Arbeitslosigkeit mobil sein muss. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erachtet es das Gericht für angemessen auf eine Geldbuße von 150,00 Euro z...

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