Entscheidungsstichwort (Thema)
Entbindungsantrag. Begründung. Erscheinen. Hauptverhandlung. Anwesenheit
Leitsatz (amtlich)
Für eine Entbindung des Betroffenen von der Anwesenheit in der Hauptverhandlung ist es ausreichend, wenn der Verteidiger des Betroffenen dem Gericht lediglich mitteilt, dass er das Erscheinen des Betroffenen für entbehrlich halte, da das Verfahren seines Erachtens auch ohne mündliche Verhandlung im Rahmen einer Einstellung erledigt werden könne.
Normenkette
OWiG § 73
Verfahrensgang
AG Recklinghausen (Entscheidung vom 07.05.2009) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Landrats des Kreises Recklinghausen vom 02. Juni 2009 eine Geldbuße in Höhe von 50,00 EURO verhängt worden. Ihm ist zur Last gelegt worden, als Führer eines Lastkraftwagens (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t) bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h auf einer Autobahn den Mindestabstand von 50 m zu einem vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten zu haben. Hiergegen hat der Betroffene fristgerecht Einspruch eingelegt. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Recklinghausen am 07. Mai 2009 ist der Betroffene nicht erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin den Einspruch des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 OWiG wegen dessen unentschuldigten Ausbleibens im Hauptverhandlungstermin verworfen. Gegen dieses Verwerfungsurteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. Mai 2009 hat er außerdem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Recklinghausen mit Beschluss vom 12. Juni 2009 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht Bochum mit Beschluss vom 27. Juli 2009 verworfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig, da er frist- und formgerecht angebracht worden ist. Er kann in der Sache jedoch entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft keinen Erfolg haben.
Diese hat ihren Antrag wie folgt begründet:
"Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden.
Soweit in dem Schriftsatz vom 13.05.2009 Rechtsbeschwerde eingelegt wurde, ist dies unschädlich, da dies als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu werten ist, §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, § 300 StPO.
Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 EUR verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gern. § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen.
Die Verfahrensrüge des Betroffenen, mit der er die Gesetzwidrigkeit der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG geltend macht und damit auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, entspricht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Nach den genannten Vorschriften muss bei einer Verfahrensrüge der Tatsachenvortrag so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen des Betroffenen zutrifft (zu vgl. OLG Hamm in NStZ-RR 1999, 23). Wird die Versagung rechtlichen Gehörs gerügt, muss in der Begründungsschrift durch entsprechenden Tatsachenvortrag schlüssig dargelegt werden, dass ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorliegt. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gibt einen Anspruch darauf, sich zu allen entscheidungserheblichen und dem Betroffenen nachteiligen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern (OLG Hamm, a.a.O.).
Bleibt der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung fern und wird daraufhin der Einspruch des Betroffenen durch Urteil gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, so kann die Einspruchsverwerfung das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzen, wenn rechtzeitig vorgebrachte und hinreichende Entschuldigungsgründe von dem erkennenden Gericht nicht berücksichtigt worden sind (zu vgl. BayObLG DAR 2003, 463; OLG Köln NZV 1999, 264, 265) oder einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen (§ 73 Abs. 2 OWiG) zu Unrecht nicht entsprochen worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2002 4 Ss OWi 918/02; Göhler, a.a.O. § 80 Rdnr. 16b).
Bei der Rüge der unzulässig unterbliebenen Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen, die vorliegend wegen der gesetzlichen Einschränkung der Zulassungsgründe bei Geldbußen von nicht mehr als 100,00 EUR (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) nur unter dem Gesichtspunkt der Versagung des rechtlichen Gehörs im Zulassungsverfahren beachtlich sein kann, obliegt es dem Betroffenen, darzulegen, aus welchen Gründen das G...