Leitsatz (amtlich)
Zur Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB aus Gründen des Kindeswohls.
Normenkette
BGB § 1361b; FamGKG § 40 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1, 1 Alt. 1
Verfahrensgang
AG N (Beschluss vom 07.02.2013; Aktenzeichen 36 F 258/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 7.2.2013 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - N wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die eheliche Wohnung X-Straße in ...8 N, Erdgeschoss, bestehend aus einem Wohnzimmer, einer Küche, einem Badezimmer, einem Schlafzimmer, einem Kinderzimmer sowie ausgebauten Kellerräumen inklusive der im Keller gelegenen Büroräumlichkeiten, bis zum 31.1.2014, 12:00 Uhr, zu räumen und geräumt an den Antragsgegner herauszugeben.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner schlossen am 20.5.1988 die Ehe. Aus der Ehe ist der am 21.4.1994 geborene Sohn, der Zeuge M (im Folgenden: der Sohn), hervorgegangen. Seit dem 27.4.2012 leben die Beteiligten dauerhaft voneinander getrennt.
Jedenfalls die Antragstellerin lebt in dem Haus I in N. Bei diesem Haus handelt es sich um ein Dreifamilienhaus. Es steht im jeweiligen hälftigen Miteigentum der Beteiligten. Zwei Wohnungen sind vermietet, eine davon an die Mutter des Antragsgegners. Die im Erdgeschoss gelegene Wohnung wird von der Antragstellerin und dem Sohn bewohnt. Der Antragsgegner ist Mineralölkaufmann im Bereich des technischen Supports und nutzt nach wie vor einen im Keller gelegenen Büroraum des Hauses als Home-Office und einen weiteren Kellerraum als Lager für Materialen und Chemikalien. Der Keller und die im Erdgeschoss gelegene Wohnung sind nicht räumlich abgetrennt.
Die Beteiligten schlossen am 24.10.2012 vor dem AG - Familiengericht - N einen Teilvergleich dahingehend, sich darüber einig zu sein, dass sie in den nächsten drei Monaten intensiv an einer einvernehmlichen vermögensrechtlichen und güterrechtlichen Auseinandersetzung mitwirken und der Antragsgegner in dieser Zeit das Home-Office von Montag bis Freitag von morgens 8:30 Uhr bis Nachmittag 16:30 Uhr ausschließlich nutzen kann, wobei sich der Antragsgegner verpflichtet, die von der Antragstellerin bewohnte Wohnung innerhalb der vorgenannten Zeit nicht zu betreten; ausgenommen hiervon ist lediglich der Weg zum Home-Office durch den Keller.
Der Sohn beantragte unter dem 27.12.2012 vor dem AG - Familiengericht - Marl, 36 F 408/12, die Antragstellerin zur Gewährung des Zutritts zur verfahrensgegenständlichen Wohnung zu verpflichten. Zur Begründung behauptete er, dass es am 15.12.2012 zu einem Zwischenfall zwischen ihm und der Antragstellerin gekommen sei. Die Antragstellerin habe ihn grundlos festgehalten, gekratzt und gekniffen. Er habe die Wohnung verlassen. Als er am nächsten Tage wieder heimgehrt sei, habe er festgestellt, dass die Antragstellerin das Schloss der Wohnungstür ausgetauscht habe, so dass er sich Zugang zur Wohnung über eine marode Kellertreppe habe verschaffen müssen. Die Antragstellerin habe die Küche verschlossen und Wohnzimmer, Vorratsraum und Gäste-WC verbarrikadiert; deswegen könne er allein sein Zimmer nutzen. Der Schlüssel für sein Zimmer befinde sich in den Händen der Antragstellerin. Überdies erbringe die Antragstellerin keinerlei Versorgungsleistungen für ihn. Zum Antragsgegner könne er nicht ziehen. Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten und hat behauptet, dass sich der Sohn ihr gegenüber - vermutlich aufgestachelt durch den Antragsgegner - abfällig, beleidigend und aggressiv verhalte. Überdies schlafe er nur noch in seinem Zimmer in der Wohnung; die Mahlzeiten nehme er bei der im selben Hause wohnenden Mutter des Antragsgegners ein. Soweit der Vorfall vom 15.12.2012 betroffen sei, sei es der Sohn gewesen, der sie provoziert habe und übergriffig geworden sei. Überdies habe der Sohn die Möglichkeit, bei seinem Vater zu leben. Das AG - Familiengericht - Marl ordnete mit am 28.12.2012 erlassenen Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung u.a. an, dass die Antragstellerin dem Sohn Zutritt zur Wohnung im Erdgeschoss zu gewähren habe. Nachdem die Antragstellerin und der Sohn dieses Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärten, hob das AG den Beschluss vom 28.12.2012 auf.
Die Antragstellerin hat behauptet, der Antragsgegner sei ihr gegenüber körperlich und beleidigend übergriffig geworden. Sie hat gemeint, die von ihr bisher bewohnte Wohnung sei ihr zuzuweisen. Der Antragsgegner habe die Möglichkeit, in ein in seinem Alleineigentum stehendes Haus im I - G ... - einzuziehen, was er letztlich gemeinsamen mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin D, am 25.8.2012 getan habe. Dieses Haus verfüge über zwei Wohnungen, die sie - die Beteiligten - nach einem Brand vollständig renoviert hätten. Überdies habe er ein Netzwerksystem in diesem Haus installiert, so dass er auf sein Home-Office in der gemeinsamen Immobilie nicht mehr angew...