Leitsatz (amtlich)
Zum Absehen von der Vollstreckung bei einem aus dem Inland ausgewiesenen Verurteilten.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19. April 1994 ist der Antragsteller wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes, wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einem besonders schweren Fall und gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als Mitglied einer Bande in vier Fällen, davon in zwei Fällen jeweils fortgesetzt handelnd und in einem Fall in Tateinheit mit gemeinschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt worden. Die besondere Schwere der Schuld ist festgestellt worden. Der Verurteilung wegen versuchten Mordes lag zugrunde, dass sich der Antragsteller gemeinsam mit seinem Bruder und einem weiteren Mittäter gegenüber O., der Kopf eines eingespielten Drogenkartells war, bereit erklärte, einen Abnehmer in Berlin, den Geschädigten H.K., niederzuschießen, weil dieser dem O. mindestens 50.000,- DM für eine Heroinlieferung schuldete. Am 9. Mai 1992 führten die drei Täter ihr Vorhaben aus. Entweder der Antragsteller oder der dritte Mittäter schossen dem Geschädigten K., der in seinem PKW saß, zwei Mal kurz hintereinander aus nächster Nähe durch den Fensterspalt gezielt in den Kopf, um ihn zu töten. Das Opfer überlebte den Angriff zwar, trug aber erhebliche Verletzungen davon, die auch mit Spätfolgen verbunden waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatgeschehens wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des Urteils des Landgerichts Wuppertal Bezug genommen.
Der Antragsteller wird am 28. Juni 2007 15 Jahre der Strafe verbüßt haben. Mit Beschluss vom 29. August 2005 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen angeordnet, dass die besondere Schwere der Schuld eine Dauer der Vollstreckung vom 20 Jahren gebietet. Mit Verfügung vom 9. Januar 2006 hat der Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal den Antragsteller aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Die Verfügung ist rechtskräftig.
Bereits unter dem 9. November 2005 hatte der Antragsteller beantragt, von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe gemäß § 456 a StPO abzusehen. Diesen Antrag hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal unter dem 5. Dezember 2005 abgelehnt und gleichzeitig mitgeteilt, dass eine Maßnahme gemäß § 456 a StPO vor dem vom Landgericht Aachen genannten Zeitpunkt, nämlich Verbüßung von 20 Jahren, nicht in Betracht komme.
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23. März 2006 hat der Antragsteller erneut beantragt, von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe gemäß § 456 a StPO abzusehen. Die Prozessbevollmächtigte weist in diesem Antrag darauf hin, dass das Vollzugsverhalten des Antragstellers beanstandungsfrei und er inzwischen als Künstler im Gemeindezentrum der Justizvollzugsanstalt tätig sei. Der Bruder des Antragstellers schätze die sozialen Integrationsmöglichkeiten für den Antragsteller in der Türkei als gut ein, da sich die dortigen Familienangehörigen eingehend und intensiv um ihn kümmern würden. Im Übrigen würde die Öffentlichkeit keinerlei Verständnis dafür aufbringen, weitere Kosten für einen Verurteilten aufzuwenden, dessen Ausweisung zwischenzeitlich rechtskräftig festgestellt worden sei.
Unter dem 10. April 2006 hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal den Antrag des Betroffenen zurückgewiesen. Im Hinblick auf die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld wäre ein Absehen von der weiteren Vollstreckung bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit dem Interesse der Öffentlichkeit nicht zu vereinbaren. Im Falle einer Maßnahme nach § 456 a StPO bereits zum jetzigen Zeitpunkt würde der Antragsteller gegenüber gleichartig verurteilten deutschen Straftätern in ungerechtfertigter Weise bevorzugt.
Diese Entschließung hat der Antragsteller in zulässiger Weise am 18. Mai 2006 mit der Beschwerde angefochten. Er hat hierbei noch einmal die Gesichtspunkte aus der Antragsschrift näher ausgeführt. Zudem dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass verurteilten Ausländern keinerlei Vollzugslockerungen gewährt würden. Da diese auch grundsätzlich keine oder nur wenige Angehörige besuchen könnten, seien sie in aller Regel strafempfindlicher als andere Gefangene. Ziel des § 456 a StPO sei es, einen straffällig gewordenen Ausländer so bald wie möglich in sein Heimatland zu verbringen, damit er dort wieder integriert leben könne. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 29. Mai 2006 hat der Antragsteller ausgeführt, er habe in Erfahrung gebracht, dass die Staatsanwaltschaft Wuppertal in der Strafsache gegen seinen Bruder mitgeteilt habe, eine Maßnahme nach § 456 a StPO komme frühestens zum 30. Mai 2007 in Betracht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ihm gegenüber eine Maßnahme dann erst frühestens Mitte 2012 in...