Leitsatz (amtlich)

Leitet ein Kläger aus demselben Sachverhalt Ansprüche wegen Wettbewerbsverletzungen und wegen eines Verstoßes gegen Verbraucherschutzvorschriften nach dem Unterlassungsklagengesetz her, hat das nach dem Unterlassungsklagegesetz ausschließlich zuständige Gericht auch über die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu entscheiden. In Fällen einer solchen Anspruchskonkurrenz kann eine Verweisung des Rechtsstreits durch eine für die Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz zuständige allgemeine Zivilkammer an eine für die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zuständige Kammer für Handelssachen willkürlich sein.

 

Normenkette

KonzentrationsVO UKlG §§ 1-2; UKlaG §§ 2-3; UWG § 3; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 320/18)

LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 40/19)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Dortmund.

Zuständig ist die allgemeine Zivilkammer.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen angeblicher Wettbewerbsverletzungen und eines Verstoßes gegen Verbraucherschutzvorschriften nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) in Anspruch.

1. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Achtung der Regeln des unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte betreibt ein pharmazeutisches Unternehmen, das Diätprodukte vertreibt, u.a. ein Mittel namens "J b", bei dem es sich laut ihrer Werbung um eine "ergänzende bilanzierende Diät zur diätischen Behandlung von Personen mit Reizdarmsymptom" handelt.

Der Kläger hält diese Aussage für wettbewerbswidrig. Die Behauptung, dass der in dem Produkt der Beklagten enthaltene Bakterienstamm geeignet sei, die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen oder zur Linderung der typischen Reizdarmsymptome beizutragen, sei unzutreffend und irreführend. Zudem seien die Aussagen lebensmittelrechtlich unzulässig, da das Präparat über keine ausreichend wissenschaftliche Absicherung verfüge. Dies führe dazu, dass sein Vertrieb gegen die Verordnung über diätische Lebensmittel (DiätV) vom 28.04.2005 (BGBl. I S. 1161) verstoße. Daraus ergebe sich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG, den der Kläger als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG geltend macht.

2. Mit Klageschrift vom 14.09.2018 hat er die Beklagte vor einer allgemeinen Zivilkammer des Landgerichts Dortmund auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen (Bl. 1 ff. d.A.).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.10.2018 die Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen beantragt (Bl. 45 d.A.).

Der Kläger hat darauf erwidert, aus § 6 Abs. 2 S. 1 UKlaG i.V.m. § 1 Nr. 2 UKlaKonzVO NRW ergebe sich die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund (Schriftsatz vom 16. November 2018, Bl. 59 f. d.A.).

Das Landgericht Dortmund hat sich daraufhin mit Beschluss vom 04.12.2018 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an eine Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen verwiesen. Es handle sich um eine Handelssache i.S.v. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG, da sich der Kläger auch auf Anspruchsgrundlagen aus dem UWG stütze (Bl. 106 f. d.A.).

Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen hat die Übernahme des Rechtsstreits mit Beschluss vom 08.01.2019 abgelehnt und die Sache an die allgemeine Zivilkammer zurückgegeben (Bl. 116 f. d.A.). Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Dortmund sei schon deshalb willkürlich und daher nicht bindend, da allenfalls eine Verweisung an eine Kammer für Handelssachen desselben Gerichts, also des Landgerichts Dortmund in Betracht gekommen sei. Zudem ergebe sich die Willkür des Verweisungsbeschlusses daraus, dass sich das Landgericht mit dem seine Zuständigkeit begründenden ausschließlichen Gerichtsstand gem. § 6 Abs. 2 S. 1 UKlaG i.V.m. § 1 Nr. 2 UKlaKonzVO NRW nicht auseinandergesetzt habe. Es habe verkannt, dass sich der Kläger bereits in der Klageschrift auf die Verletzung verbraucherschützender berufen habe. Eine Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG sei nur dann gegeben, wenn der gesamte Streitgegenstand nach Wettbewerbsrecht zu beurteilen sei.

Das Landgericht Dortmund hat die Sache daraufhin dem Oberlandesgericht Hamm zur Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt (Bl. 132 ff. d.A.). Entgegen der Auffassung des Landgerichts Hagen sei der Verweisungsbeschluss vom 04.12.2018 nicht willkürlich, sondern bindend. Die Voraussetzungen für eine Verweisung an die Kammer für Handelssachen hätten vorgelegen, da es sich (auch) um eine Handelssache i.S.v. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG gehandelt habe. Dafür sei ausreichend und entscheidend, dass das Klagebegehren zumindest auch auf Anspruchsgrundlagen des Wettbewerbsrechts gestützt worden sei. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hagen ergebe sich aus §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte in K geschäftsansässig sei.

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