Leitsatz (amtlich)
1.
Zur Überwachungspflicht des Betriebsinhabers hinsichtlich der zu seinem Betrieb gehörenden Lastkraftwagen.
2.
Die Überliegefrist des § 29 Abs. 7 StVG verhindert nur die Löschung von Voreintragungen. Während der Überliegefrist besteht aber ein Verwertungsverbot.
Verfahrensgang
AG Lüdenscheid (Entscheidung vom 19.12.2005) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Höhe der Geldbuße auf 200,00 EUR festgesetzt wird.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.
Jedoch wird die Gebühr um'/4 ermäßigt; in diesem Umfang hat auch die Staatskasse die dem Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Der Betroffene ist durch das angefochtene Urteil wegen "fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Lkw im verkehrsunsicheren Zustand" zu einer Geldbuße von 500,00 EUR verurteilt worden.
Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Betroffene, der als Inhaber eines Bäckereigroßbetriebes Halter von ca. 20 Lkw und 10 Pkw ist, die Wartung, Pflege und Reparatur seines Fuhrparks zwar auf einen Kraftfahrzeugmechaniker delegiert, diesen aber nicht hinreichend überwacht und auch darüber hinaus den kaufmännischen Angestellten, dem er seinerseits die Überwachung des Kraftfahrzeugmechanikers übertragen hatte, weder hinreichend überwacht noch diesen in seinen Überwachungsauftrag in ausreichender Weise eingewiesen.
Der am 1. April 2005 kontrollierte Lkw wies zahlreiche Mängel auf, insbesondere auch im Bereich der Bremsen und der Lenkung.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Er rügt mit näheren Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts und ist insbesondere der Auffassung, durch Delegation der Aufgaben sei er seiner Überwachungspflicht als Halter hinreichend nachgekommen.
Ferner beanstandet er, einer Verurteilung der vorliegenden Dauerordnungswidrigkeit stehe entgegen, dass gegen ihn wegen vergleichbarer Vorfälle vom 3. und 4. Mai 2005 betreffend jeweils andere Lkws - inzwischen rechtskräftige - Bußgeldbescheide ergangen seien.
Das Rechtsmittel hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zur Höhe der verhängten Geldbuße Erfolg; im Übrigen ist es - insbesondere hinsichtlich des Schuldspruchs - unbegründet i.S.d. §§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 31 Abs. 2, 69 a Abs. 5 Nr. 3 StVZO in Verbindung mit den weiter aufgeführten §§ 35 h, 38, 41 StVZO. Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Antrag vom 25. April 2006 u.a. folgendes ausgeführt:
"Der Betroffene war für die Verkehrssicherheit der Firmenfahrzeuge i.S. des § 31 Abs. 2 StVZO verantwortlich. Zwar trifft es zu, dass er befugt war, seine Verantwortlichkeit durch die Bestellung einer sachkundigen und zuverlässigen Hilfsperson einzuschränken bzw. zu übertragen (zu vgl. Senatsbeschluss vom 06.06.1999 - 2 Ss OWi 472/99 - m.w.N.). Eine Überwachungspflicht bleibt jedoch auch dann bestehen (zu vgl. OLG Hamm, VRS 52, 64). Es liegt zwar auf der Hand, dass ein Großbäcker mit einem Fuhrpark, der eine Vielzahl von Fahrzeugen umfasst, entweder mangels eigener technischer Sachkunde und/oder aus zeitlichen Gründen kaum in der Lage sein wird, die Verkehrssicherheit der Firmenfahrzeuge stets persönlich zu überprüfen. Er darf sich dazu, wie bereits ausgeführt, geeigneter und von ihm überwachter Hilfspersonen bedienen. Kommt er diesen Vorgaben nach, ist er für Mängel nur dann verantwortlich, soweit er sie kennt oder aufgrund von Fahrlässigkeit nicht kennt. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass der Betroffene aufgrund vorangegangener Auffälligkeiten in dem in Rede stehenden Zeitraum auf den verkehrsunsicheren Zustand des Fahrzeuges hätte aufmerksam werden müssen. Angesichts der offenkundigen Mängel des Fahrzeuges hätte auch entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerdebegründung dem Betroffenen als Laien die offenkundige Verkehrsunsicherheit des Fahrzeuges im Rahmen von von ihm zu fordernden Stichproben und unangekündigten Kontrollen des mit der Wartung der Fahrzeuge betrauten Zeugen S. auffallen müssen. Insoweit ist der Betroffene in vorwerfbarer Weise seiner Überwachungsverpflichtung nicht nachgekommen. Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung ist auch nicht davon auszugehen, dass der Verurteilung wegen der in Rede stehenden Ordnungswidrigkeit die Rechtskraft der Bußgeldbescheide bzgl. vergleichbarer Vorfälle vom 03.05.2005 und 04.05.2005 entgegen steht. Zwar kann - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - statt mehrerer nur eine fahrlässige Ordnungswidrigkeit vorliegen, wenn der Halter die Inbetriebnahme vorschriftswidriger Fahrzeuge wiederholt zulässt, weil er deren vorschriftswidrigen Zustand infolge fortdauernder unterlassener gebotener Überwachung fahrlässig nicht kennt (zu vgl. Hentschel, StVR, 38. Aufl., § 31 StVZO, Rdnr. 18). Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn ...