Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 07.03.1996; Aktenzeichen 2 OH 3/96)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 25.03.1996 wird der Beschluß des Landgerichts Essen vom 07.03.1996 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Dem Antragsteller wird aufgegeben, vollständige Anschriften der Antragsgegner mitzuteilen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, da dieses sachlich über die Zulässigkeit der einzelnen Beweisfragen und der Benennung des Sachverständigen zu entscheiden hat, wobei die Bedenken gegen das Vorliegen eines rechtlichen Interesses nicht durchgreifen.

Der Antrag auf Begutachtung durch einen Sachverständigen ist entgegen der Ansicht des Landgerichts gem. § 485 Abs. 1 ZPO und gem. § 485 Abs. 2 ZPO zulässig. Aufgrund der Arbeiten am Gebäude und des drohenden Abrisses des Hofgebäudes droht ein Beweismittelverlust. Ein Rechtsstreit ist nicht anhängig und der Antragsteller begehrt Feststellungen i.S.d. § 485 Abs. 2 Ziff. 1–3 ZPO.

Entgegen der Ansicht des LG Essen besteht ein rechtliches Interesse des Antragstellers an dem selbständigen Beweisverfahren. Das rechtliche Interesse ist gegeben, wenn der Zustand einer Sache die Grundlage eines sachlichrechtlichen Anspruchs des Antragstellers bilden kann oder ein Rechtsstreit des Antragstellers mit einem Dritten auf der Grundlage einer bereits gegebenen rechtlichen Ausgangslage (möglicherweise) zu erwarten ist und das zu sichernde Beweismittel in diesem Rechtsstreit demnächst möglicherweise i.S.d. § 493 ZPO „benutzt” werden kann. Dabei darf das Gericht nicht durch die Beantwortung einer Rechtsfrage das Interesse des Antragstellers an dem Beweisverfahren verneinen (OLG Düsseldorf JurBüro 92, 426; OLG Frankfurt MDR 91, 989). Es hat lediglich das allgemeine rechtliche Interesse des Antragstellers an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahren i.S.d. §§ 485 ff. ZPO zu prüfen, nicht aber die Frage der Erheblichkeit der Beweismittel für den Hauptprozeß oder der Erfolgsaussichten des Hauptprozesses. Das besondere Rechtsschutzinteresse kann im Einzelfall verneint werden, wenn das Beweismittel offensichtlich ungeeignet ist, einen erheblichen Beweis überhaupt zu erbringen (Zöller/Herget, ZPO, 19. Aufl. Rdnr. 4) oder die Rechtsverfolgung in einem Hauptprozeß offensichtlich aussichtslos oder mutwillig erscheint. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn zur Entscheidung über den Antrag das Gericht der letzten Tatsacheninstanz zuständig ist (vgl. OLG München OLGZ 74, 52).

Hier ergibt sich u.a. aus der Feststellung der Mängel am Hausgrundstück, ob das vom Antragsgegner erstellte Wertgutachten falsch war. Insoweit kann bei einem objektiv falschen Gutachten zumindest ein Anspruch des Antragstellers aus § 826 BGB gegen den Antragsgegner als gerichtlichen Sachverständigen in Betracht kommen. Ob der gerichtliche Sachverständige bei der Erstellung des Wertgutachtens leichtfertig gehandelt hat, eine Schadenszufügung der Interessenten des Versteigerungsobjekts voraussah und dies in Kauf nahm, ist erst in dem möglicherweise folgenden Rechtsstreit zu klaren.

 

Unterschriften

Brück, Küpperfahrenberg, Beckmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1726644

BauR 1998, 197

NJW-RR 1998, 68

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