Verfahrensgang
Tenor
Der Mieter eines befristeten Wohnungsmietverhältnisses (Zeitmietvertrag mit Bestandschutz) kann gemäß § 556 a Abs. 6 Satz 2 BGB die Fortsetzung des durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnisses gemäß § 556 a Abs. 2 und 3 BGB noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits verlangen, wenn der Vermieter dem Mieter nicht vor Ablauf der 2-Monats-Frist des § 556 a Abs. 6 Satz 1 BGB den in § 564 a Abs. 2 BGB bezeichneten Hinweis auf die Möglichkeit, die Form und die Frist des Widerspruchs bzw. Fortsetzungsverlangens nach § 556 a BGB (sogenannte Sozialklausel) erteilt hat.
Tatbestand
I.
Der Beklagte bewohnt ein in … gelegenes Appartement, zuletzt aufgrund eines zwischen der Bevollmächtigten der Klägerin und ihm abgeschlossenen Zeitmietvertrages, der eine Mietzeit vom 1. April 1988 bis zum 31. März 1989 vorsieht.
Das Amtsgericht hat der von der Klägerin nach dem 31. März 1989 erhobenen Räumungsklage, der eine erfolglose schriftliche Räumungsaufforderung der Klägerin vom 15. Februar 1989 vorausgegangen war, durch ein im schriftlichen Vorverfahren erlassenes Versäumnisurteil stattgegeben, gegen welches der Beklagte Einspruch eingelegt hat. In der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hat der Beklagte sich nach der Erörterung der Frage, ob er von der Klägerin gemäß § 556 b Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 556 a Abs. 6 Satz 2, 564 a Abs. 2 BGB darauf hingewiesen worden sei, eine Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund der Sozialklausel des § 556 a BGB verlangen zu können, auf diese Sozialklausel durch Protokollerklärung berufen und die Verlängerung des Mietverhältnisses mit der Begründung verlangt, er bewohne das Appartement seit 26 Jahren, sei in dem Wohnviertel verwurzelt, lebe von Sozialhilfe und könne aufgrund der Wohnungsmarktsituation keine vergleichbare Wohnung in … finden.
Das Amtsgericht hat daraufhin sein Versäumnisurteil aufgehoben, die Räumungsklage abgewiesen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit angeordnet. Es hat gemeint, § 556 a Abs. 6 Satz 2 BGB sei auch auf befristete Mietverhältnisse anwendbar. Der Beklagte habe deshalb sein Fortsetzungsverlangen noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits stellen können.
Die Klägerin vertritt demgegenüber die Ansicht, daß § 556 a Abs. 6 Satz 2 BGB nur im Falle der Kündigung eines Mietverhältnisses Anwendung finde, und hat das amtsgerichtliche Urteil deshalb mit der Berufung angefochten, deren Zurückweisung der Beklagte unter Verteidigung der amtsgerichtlichen Rechtsauffassung begehrt.
Das Landgericht ist der Ansicht der Klägerin, daß § 556 a Abs. 6 Satz 2 BGB auf Zeitmietverträge nicht anwendbar sei, und hat dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Kann der Mieter eines befristeten Wohnungsmietverhältnisses, der bis spätestens 2 Monate vor Beendigung des Mietvertrages weder ein Mietfortsetzungsverlangen nach § 564 c Abs. 1 BGB gestellt hat noch ein Mietfortsetzungsverlangen aufgrund der Sozialklausel nach §§ 556 b, 556 a BGB, trotz unterbliebener Belehrung des Vermieters nach §§ 556 a Abs. 6 Satz 2, 564 a Abs. 2 BGB das Mietfortsetzungsverlangen aufgrund der Sozialklausel nicht mehr im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits nachholen?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist gemäß dem im Zeitpunkt der Vorlage noch gültigen Art. III Abs. 1 Satz 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (ab dem 1. April 1991 gilt § 541 ZPO) zulässig.
Das Landgericht hat als Berufungsgericht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten, die den Bestand eines Mietvertragsverhältnisses über Wohnraum betrifft und durch einen Rechtsentscheid noch nicht beantwortet ist.
Die Rechtsfrage, ob § 556 a Abs. 6 Satz 2 BGB auf Zeitmietverträge anzuwenden ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil verneint (so das vorlegende Landgericht in seinem Vorlagebeschluß vom 26. Oktober 1990; Amtsgericht München, DWW 1978, 150; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., B 364, anders aber unter B 779; Roquette, Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 556 b Rdz. 14; Huber, Beendigung von Zeitmietverträgen, DWW 1988, 36), zum Teil bejaht (Landgericht Hildesheim, WuM 1990, 209, 210; Amtsgericht Köln, WuM 1990, 210; Münchener Kommentar-Voelskow, Bürgerliches Gesetzbuch, 2. Aufl., §§ 556 a bis 556 c Rdz. 36, § 564 c Rdz. 18, anders aber unter § 564 a Rdz. 9; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 5. Aufl., § 556 b Rdnz. 13; Barthelmes, Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 4. Aufl., § 564 c Rdz. 18; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 1989, IV Rdz. 278; Sternel, Mietrecht, 4. Aufl., IV Rdz. 299; Palandt-Putzo, BGB, 50. Aufl., § 556 b Rdz. 3; Erman-Schopp, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 8. Aufl., § 556 b Rdz. 4; Schade/Schubart/Wienecke, Wohn- und Mietrecht, Loseblattkommentar, § 556 b III Anm. 2; Gather, Der Zeitmietvertrag über Wohnraum, DWW 1991, 6...