Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen des vereinfachten Verfahrens ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Antragstellerseite möglich, wenn das Einkommen des Antragsgegners aus selbständiger Tätigkeit geschätzt werden muss.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Dorsten (Beschluss vom 16.07.2012; Aktenzeichen 12 FH 10/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der am 16.7.2013 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Dorsten teilweise abgeändert.
Der Antragstellerin wird zu den Bedingungen der bisherigen Verfahrenskostenhilfebewilligung Rechtsanwalt I aus Dorsten beigeordnet.
Gründe
I. Die Antragstellerin beantragte unter dem 28.3.2013 die Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren über Minderjährigenunterhalt.
Die Antragstellerin hat überdies die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ihren Antrag begehrt und hierzu die Auffassung vertreten, dass auch in dem vereinfachten Verfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht ausgeschlossen und ihr ein Anwalt beizuordnen sei, da sie als juristischer Laie überfordert sei, das Verfahren selbst zu betreiben. Denn sie könne weder das Einkommen des Antragsgegners schätzen noch schwierige Fragen wie die der Berechnung oder der Kindergeldverrechnung selbst beantworten. Beachtlich sei überdies, dass der Antragsgegner in selbständiger Stellung tätig sei und ihr damit ohne anwaltliche Hilfe die Berechnung des laufenden Unterhaltes nicht möglich sei.
Das AG hat mit am 16.7.2013 erlassenen Beschluss den seitens des Antragsgegners zu zahlenden Unterhalt festgesetzt, der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes mit der Begründung abgelehnt, dass die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin sich an das Jugendamt der Stadt Dorsten hätte wenden können zum Zwecke der Einrichtung einer Unterhaltsbeistandschaft. Insofern habe es einer anwaltlichen Begleitung für das vorliegende Verfahren nicht bedurft.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Antragstellerin, soweit die nachgesuchte Anwaltsbeiordnung abgelehnt worden ist. Sie rügt, dass der Verweis des AG auf die Unterhaltsbeistandschaft deswegen zu kurz greife, weil der Antragsgegner in selbständiger Stellung tätig sei und sich wirtschaftlich nicht für leistungsfähig erachtet habe, so dass es einer eingehenden Überprüfung seiner Einkommensverhältnisse bereits vor Einleitung des Verfahrens bedurft habe. Diese Angelegenheit habe sie nicht allein überblicken können, auch nicht mithilfe des Jugendamtes. Bereits in der Vergangenheit habe der Antragsgegner sich mit vielen Argumenten seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betreffend gegen die Unterhaltsverpflichtung gewehrt. Die anwaltliche Einschaltung für das Unterhaltsfestsetzungsverfahren sei geboten gewesen.
Mit am 15.8.2013 erlassenen Beschluss hat das AG Dorsten der Beschwerde mit der ergänzenden Begründung nicht abgeholfen, es sei seitens des örtlichen Jugendamtes ausdrücklich bestätigt worden, dass es der anwaltlichen Vertretung im vereinfachten Unterhaltfestsetzungsverfahren nicht bedürfte, sondern die Vertretung durch das Jugendamt als Beistand erfolgen könne. Es hat die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die nach den §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.
1. Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG wird dem Beteiligten dann, wenn - wie im vorliegenden Verfahren - eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
a) Bei der gebotenen objektiven Bemessung der Schwierigkeit kann jeder der genannten Umstände, d.h. sowohl die Schwierigkeit der Rechtslage als auch die Schwierigkeit der Sachlage für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage eines Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, MDR 2010, 1145 = FamRZ 2010, 1427). Dabei sind als Abwägungskriterien auch die subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten zu berücksichtigen, insbesondere seine Fähigkeit, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 7.5.2010 - 10 WF 78/10 - SchlHA 2011, 205).
Ob die Beiordnung i.S.v. § 78 Abs. 2 FamFG erforderlich erscheint, hängt also davon ab, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, FamRZ 2010, 1427; OLG Dres-den, Beschl. v. 16.6.2010 - 20 WF 460/10, FamRZ 2010, 2006). Auch ein bemittelter Verfahrensbeteiligter beurteilt die Notwendigkeit zur Beauftragung eines Rechtsanwalts unter Berücksichtigung s...