Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Bescheinigung eines Umweltgutachters nach § 23 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EEG 2009.
2. Der Nachweis der Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Satz 2 EEG 2009 kann im Falle einer unzureichenden Bescheinigung eines Umweltgutachters nicht im Verfahren mit den Beweismitteln der Zivilprozessordnung nachgeholt werden.
Normenkette
EEG 2009 § 23 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 11 O 15/15) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung einstimmig im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Mitteilung, ob die Berufung aufrecht erhalten wird.
Gründe
I. Die Klägerin, die eine Wasserkraftanlage betreibt, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte als Stromnetzbetreiberin ihr gegenüber seit dem 15.08.2013 und ab dem 01.01.2014 für die Dauer von 20 Jahren zur Zahlung der Vergütung für Strom aus Wasserkraft nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 EEG in der ab dem 01.01.2009 gültigen Fassung vom 25.10.2008 (im Folgenden: EEG 2009) verpflichtet ist.
Die Wasserkraftanlage ist nach den unbestrittenen Ausführungen in der Bescheinigung aus dem Jahr 2018 seit mehreren Jahrzehnten in Betrieb; es ist daher davon auszugehen, dass sie vor dem 01.08.2004 in Betrieb genommen wurde. Die Jahresstromerzeugung liegt bei circa 900.000 kWh. Die von der Beklagten gezahlte Vergütung beträgt 7,67 ct/kWh. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Vergütung wegen zwischen 2010 und 2013 durchgeführter Modernisierungsarbeiten an der Anlage (2010: Aufgabe des Aalfang und Rückbau der Fanganlage; 2013: Errichtung von Bypässen) für den im Antrag genannten Zeitraum auf 11,67 ct/kWh zu erhöhen ist.
Die Klägerin hat behauptet, durch die Modernisierung der Anlage sei vor allem ein verbesserter Fischabstieg geschaffen worden. Die errichteten Bypässe hätten den ökologischen Zustand, insbesondere für die Aalpopulation, erheblich verbessert. Die Klägerin beruft sich insoweit auf die Bescheinigungen des Umweltgutachters S aus August 2010 (Bl. 43 ff.) und vom 06.11.2013 (Bl. 69 ff.) sowie auf gutachterliche Stellungnahmen des Dipl.-Biologen T2 vom 23.11.2012 (Bl. 30 ff.) und vom 30.09.2013 (Bl. 41 f.). Sie hat die Ansicht vertreten, die ökologische Verbesserung sei mit dem Gutachten des Herrn S hinreichend belegt. Im Übrigen könne, so die Auffassung die Klägerin, der Nachweis im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EEG 2009 auch noch im Rahmen des Zivilprozesses erbracht werden.
Sie hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie ab dem 15.08.2013 für 2013 und ab dem 01.01.2014 für die Dauer von 20 Jahren gemäß EEG 2009 i.V.m. § 66 Abs. 14 "Übergangsbestimmung" EEG 2012 eine Vergütung von 11,67 ct/kWh zu entrichten,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1,3 einer Geschäftsgebühr bei einem Wert von 120.000,00 EUR (ca. Erhöhungswert für 3 Jahre) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei mangels eines Feststellungsinteresses unzulässig. In der Sache stehe dem Erhöhungsverlangen insbesondere entgegen, dass die Bescheinigungen des Umweltgutachters S nicht geeignet seien, eine wesentliche ökologische Verbesserung gemäß § 23 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EEG 2009 nachzuweisen. Im Klageverfahren könne ein solcher Nachweis auch durch ein Sachverständigengutachten nicht mehr nachgeholt werden.
Mit einer vom Landgericht eingeholten Stellungnahme hat die Clearingstelle EEG ausgeführt und begründet, dass und warum die Bescheinigungen des Umweltgutachters S für die Anlage der Klägerin aus August 2010 und vom 06.11.2013 den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EEG 2009 nicht genügen (Bl. 193 ff.).
Dass Landgericht hat zu dieser Frage Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen schriftliches Gutachten vom 24.03.2017 (Bl. 361 ff.) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch aus § 100 Abs. 2 Nr. 10 EEG 2017 i.V.m. § 66 Nr. 14 EEG 2012 i.V.m. § 23 Abs. 2 und Abs. 5 EEG 2009 nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EEG 2009 nicht erfüllt seien. Unabhängig von der Beweislastverteilung, so das Landgericht, sei es aufgrund der Stellungnahme der Clearingstelle EEG und des Gutachtens des Sachverständigen Dr. I positiv davon überzeugt, dass die Bescheinigungen des Umweltgutachters S den an sie zu stellenden Anforderungen nicht genügten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die sich das Landgericht unter Berücksichtigung des gesamten Parteivorbringens nach eigener Überzeugungsbildung zu Eigen mache, sei der Umweltgutachter auf den ursprünglichen ökologischen Zustand nur ungenügend eingegangen. Zudem würden die Wirkungen der Maßnahmen weder quantifiziert noch nachgewi...