Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug. Berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verweigerung einer Verlegung in den offenen Vollzug
Leitsatz (amtlich)
Die nach der Darstellung des Betroffenen über neun Monate zu Unrecht verweigerte und bis zu seiner Entlassung nach Vollverbüßung gerichtlich noch nicht abschließend überprüfte Verlegung vom geschlossenen in den offenen Vollzug begründet unter zusätzlicher Berücksichtigung der damit für ihn in diesem Zeitraum unmittelbar verbundenen Aufrechterhaltung besonderer Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG sowie der wesentlichen Bedeutung einer Verlegung in den offenen Vollzug für die verfassungsrechtlich (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) gebotene Resozialisierung des Betroffenen bzw. für die diesbezüglichen Möglichkeiten ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne von § 115 Abs. 3 StVollzG, ohne dass es insoweit noch einer weiteren Darlegung des berechtigten Interesses des Betroffenen an der von ihm begehrten Feststellung bedarf.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1; StVollzG § 115 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 32 StVK 36/16) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Betroffene hat - zuletzt in der Justizvollzugsanstalt S - bis zu seiner Entlassung am 19.04.2017 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 04.08.2011 vollständig verbüßt.
Am 10.07.2016 beantragte der Betroffene - wie sich ebenso wie die nachfolgend dargestellten Umstände dem vom Senat von Amts wegen zur Kenntnis genommenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 04.08.2016 nebst Anlagen entnehmen lässt -, wieder in den offenen Vollzug verlegt zu werden, aus dem er im Februar 2016 mit der Begründung abgelöst worden war, er habe Lockerungen missbraucht. In der Vollzugskonferenz vom 19.07.2016 wurde der Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug unter Hinweis auf eine bestehende Missbrauchs- und Fluchtgefahr abgelehnt. Diese Entscheidung wurde am 25.07.2016 schriftlich damit begründet, dass der Betroffene im Februar 2016 wegen Missbrauchs von Lockerungen aus dem offenen Vollzug, hinsichtlich dem auf Meldungen vom 29.01.2016 und vom 02.02.2016 Bezug genommen worden ist, abgelöst worden sei. Eine erneute Sachstandsprüfung sei nach einer - ebenfalls in Bezug genommenen - Vollzugsplanniederschrift vom 09.03.2016 für Februar 2017 festgelegt. Er sei nicht unerheblich einschlägig vorbestraft, wobei der Auszug aus dem Bundeszentralregister 34 Einträge enthalte. Ferner sei eine positive Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug weiterhin nicht festzustellen.
Mit seinem ursprünglichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung machte der Betroffene geltend, dass er während des offenen Vollzuges tatsächlich gar keine Lockerungen missbraucht habe.
Nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal diesen Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug mit Beschluss vom 17.10.2016 zurückgewiesen hatte und der Senat diesen Beschluss auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 24.01.2017 (III-1 Vollz(Ws) 524/16) mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswertes aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen hat, insbesondere da diese die Erwägungen der Justizvollzugsanstalt durch ihre eigenen ersetzt hatte, ist der Betroffene am 19.04.2017 aus der Haft entlassen worden.
Den daraufhin am 26.05.2017 umgestellten Antrag des Betroffenen, festzustellen, dass seine Nichtverlegung vom geschlossenen in den offenen Vollzug rechtswidrig gewesen sei und ihn in seinen Rechten verletzt habe, hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 08.08.2017 unter Hinweis auf ein vermeintlich fehlendes Feststellungsinteresse als unzulässig zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtverlegung in den offenen Vollzug begehrt.
Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen hat beantragt, die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrund als unzulässig zu verwerfen.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde war gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfolgt die Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat. So liegt der Fa...