Leitsatz (amtlich)
Eine zwischen Parkmarkierungen liegende "Restfläche" wird vom Regelungsgehalt eines Halteverbotsschildes mit dem Zusatzschild "außerhalb gekennzeichneter Flächen" nicht erfasst.
Verfahrensgang
AG Essen (Entscheidung vom 09.11.2004) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen (Entscheidung des Einzelrichters).
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Betroffene wird auf Kosten der Landeskasse, die auch seine notwendigen Auslagen trägt, freigesprochen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht Essen gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit ( Parken im Halteverbot) nach § 24 StVG i.V.m. §§ 12 Abs.1, 49 StVO eine Geldbuße von 15,- Euro festgesetzt.
Das Amtsgericht hat dazu folgende Feststellungen getroffen:
" Am 24.05.2004 parkte der Betroffene mit seinem PKW Toyota, amtliches Kennzeichen XXXX, mindestens von 10:49 Uhr bis 10:53 Uhr in der Hoffnungstraße in Essen. Am Ende der Hoffnungstraße befindet sich ein Platz. Dieser ist mit dem Zeichen 283 StVO (Halteverbot) mit dem Zusatzschild "Außerhalb der gekennzeichneten Flächen" ausgewiesen. Aus Sicht des weiteren Verlaufes der Hoffnungstraße befinden sich auf der rechten Seite mehrere mit weißen Markierungen gekennzeichnete Parkboxen, die alle unmittelbar so aneinander angrenzen, dass Fahrzeuge dort Tür an Tür parken können. Diese Parkboxen sind jeweils durch ununterbrochene weiße Markierungen gekennzeichnet. Im rechten Winkel zu dieser Parkboxenreihe befindet sich eine weitere Reihe mit Parkboxen.
Diese Parkboxen weisen an den Längsseiten jeweils durchgängige Markierungen auf. Die kürzere Seite der Parkboxen ist jeweils durch eine teilweise Markierung gekennzeichnet.
Der Betroffene stellte sein Fahrzeug auf der spitz zulaufenden Fläche zwischen den beiden Parkboxreihen, die sich direkt in dem rechten Winkel befindet, ab. Die jeweils äußeren Begrenzungen der Parkboxenreihen, die diese dreieckige Fläche nach außen begrenzen, berühren sich an der Spitze der Fläche nicht.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der geständigen Einlassung des Betroffenen sowie den im Hauptverhandlungstermin in Augenschein genommenen Fotos des entsprechenden Parkplatzes.
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Betroffene einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit, Verstoß gegen §§ 12 Abs. 1,49 StVO, schuldig gemacht.
Der Betroffene parkte im Halteverbot. Die Fläche auf der er sein Fahrzeug abstellte, war nämlich nicht besonders gekennzeichnet. Die dort vorhandenen Parkboxen sind sämtlich rechteckig und dadurch gekennzeichnet, dass jeweils außen eine durchgehende Linie ist und an der Frontseite entweder eine durchgezogene oder eine angedeutete Linie. Bei der Fläche, auf der hier der Betroffene geparkt hat, ist eine solche Begrenzung dagegen nicht vorhanden. Die Linien, von der diese Fläche umgeben ist, sind lediglich die Begrenzungslinien der angrenzenden Parkboxen. Dies wird zum einen durch die Form der Fläche, eine Dreiecksform, sowie den Umstand, dass dieses Dreieck nicht vollständig geschlossen ist, deutlich. Der Betroffene hätte daher auf dieser Fläche nicht parken dürfen. Die Beschilderung in diesem Bereich ist ebenfalls korrekt. Das Schild 283 StVO befindet sich an der Ausfahrt des Platzes in Richtung weiterer Verlauf der Hoffnungstraße. Es ist jedoch klar und eindeutig ersichtlich, dass mit dem Halteverbot der gesamte Platz erfasst sein soll."
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde vom 9. November 2004, deren Zulassung er gleich zugleich beantragt. Er macht unter anderem geltend, dass das Fahrzeug des Betroffenen - eindeutig - in einer gekennzeichneten Fläche abgestellt worden sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
1.
Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zu (§ 80 I Nr. 1, II Nr. 1 OWiG).
Die Fortbildung des Rechts besteht darin, bei der Auslegung von Rechtssätzen und der rechtsschöpferischen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen (BGHSt, 24, 15 (21) = NJW 1971, 389; OLG Düsseldorf, VRS 85 (1994), 373; OLG Hamm, DAR 1973, 139). Nicht nur die rechtsschöpferische Schließung von Lücken, sondern auch die Auslegung von Rechtssätzen kann eine Fortbildung des Rechts sein; da das Recht die Einheit von Gesetz und Rechtsprechung darstellt, ist deren Entwicklung ein Stück der Rechtsfortbildung. Der vorliegende Fall gibt dem Senat Anlass zur Stellungnahme, ob eine zwischen Parkmarkierungen liegende "Restfläche" vom Regelungsgehalt eines Halteverbotsschildes mit dem Zusatzschild (außerhalb gekennzeichneter Flächen) erfasst wird.
2.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils tragen nicht den Schuldspruch wegen Verstoßes gegen § 12 I Nr. 6 a) StVO; Das Amtsgericht hat den Regelungsgehalt des Zusatzschildes "außerhalb gekennzeichneter Flächen" verkannt.
Gebots- und Verbot...