Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbringung in Entziehungsanstalt

 

Leitsatz (amtlich)

Werden im Urteil Feststellungen zu einer Suchtmittelabhängigkeit des Angeklagten getroffen, die Anlass zur Erörterung der Frage seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB geben, muss über die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB eine Entscheidung getroffen werden.

 

Normenkette

StGB § 64

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 24 Ns 19/14)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit jeweils eine Prüfung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB unterblieben ist sowie die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer sprach die Angeklagten am 3. Dezember 2013 des Diebstahls schuldig. Es verurteilte die Angeklagte y zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,- € und den Angeklagten y2 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 3,- €.

Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Essen Berufung ein, die Angeklagten y und y2 jeweils "Rechtsmittel", eine nähere Konkretisierung erfolgte nicht.

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 8. April 2014 das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer aufgehoben. Die Angeklagte y hat es wegen Diebstahls unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2013 verhängten Strafe im Verfahren 314 Cs 80 Js 1525/13 (536/13) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten und zwei Wochen verurteilt. Den Angeklagten y2 hat es wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten verurteilt. Die Berufungen der Angeklagten y und y2 hat es verworfen.

Nach den getroffenen Feststellungen betraten die miteinander liierten Angeklagten in den Abendstunden des 13. Juni 2013 gemeinsam die Geschäftsräume des Q-Marktes in der I-Straße in H, wobei die Angeklagte y eine leere Plastiktüte der Supermarktkette "O" mitführte. Entsprechend ihrem vorgefasstem Tatplan, nach dem einer von ihnen anwesendes Personal des Marktes ablenken sollte, um dem anderen zu ermöglichen, unbemerkt die mitgeführte Plastiktüte mit Waren zu füllen, steckten sie sodann ein Glas Kaffee der Marke "O H" zum Verkaufspreis von 8,99 € und Rasierklingen der Marke "H N #" zum Verkaufspreis von 3,49 € in die Tüte der Firma O. Mit dieser Tüte begaben sich die Angeklagten sodann, ohne die Waren zu bezahlen, durch die Kassenzone. Nach Passieren der Kassenzone wurden sie von einem Mitarbeiter des Marktes angesprochen und kontrolliert.

Die Strafkammer hat zudem festgestellt, dass dieser von den Angeklagten begangene Diebstahl sowie auch ihre jeweils erheblichen Vorstrafen vor dem Hintergrund der bei ihnen beiden bestehenden langjährigen, noch nicht ausreichend therapierten Heroinabhängigkeit zu sehen sei. Der Diebstahl zum Nachteil des Q-Marktes sei von den Angeklagten begangen worden, um ihre Heroinabhängigkeit zu finanzieren. Dabei hätten die gestohlenen Waren insbesondere an Dritte verkauft werden sollen. Für die Angeklagten habe es sich bei der Tat um tägliche sogenannte Beschaffungskriminalität gehandelt. Beide Angeklagte seien sich des bei ihnen bestehenden Drogenproblems sowie dessen Behandlungsbedürftigkeit bewusst. Der Angeklagte y2 habe insoweit bereits mehrfach Therapien in Angriff genommen. Auch die Angeklagte y habe sich im Jahr 2013 erstmals zur Behandlung ihrer Drogenabhängigkeit zu einem Arzt begeben.

Gegen das Berufungsurteil der Strafkammer wenden sich die Angeklagten mit den von ihnen form- und fristgerecht eingelegten Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revisionen der Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Revisionen der Angeklagten sind zulässig. Mit der von ihnen erhobenen allgemeinen Sachrüge haben sie jedoch nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.

Zum Schuldspruch und zu den verhängten Einzelstrafen sowie der hinsichtlich der Angeklagten y festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verwirft der Senat die Revisionen als offensichtlich unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO, weil die Nachprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge insoweit keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufdeckt.

Die getroffenen Feststellungen der Strafkammer zur Sache tragen den Schuldspruch. Sie beruhen insbesondere auf einer sehr ausführlichen, in sich schlüssigen und überzeugenden Beweiswürdigung, die in keiner Weise zu bestanden ist. Auch die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer hinsichtlich der verhängten Einzelstrafen sowie der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe bezüglich der Angeklagten y sind rech...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge