Leitsatz (amtlich)
Zu den Mindestanforderungen, die an die Feststellungen eines wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes verurteilenden Urteils zu stellen sind, gehört unter anderem die Angabe des angewandten Messverfahrens sowie die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit.
Verfahrensgang
AG Castrop-Rauxel (Entscheidung vom 15.11.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Castrop-Rauxel zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Castrop-Rauxel hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 300,00 EUR festgesetzt und ihm darüber hinaus ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt.
Das Amtsgericht hat dazu u. a. folgende Feststellungen getroffen:
"Am 07.03.2006 befuhr der Betroffene gegen 13.18 Uhr in Castrop-Rauxel mit seinem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen XXXXXXX die BAB A 42 in Fahrtrichtung Dortmund. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war bei km 53,00 durch Zeichen 274 nach § 41 StVO auf 80 km/h beschränkt.
Durch Nachfahren mit dem Polizeifahrzeug über eine Messtrecke von 300 Metern stellte der Zeuge S. fest, dass der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 52 km/h überschritt. Die nach gesicherter Rechtsprechung abziehbare Toleranz war in Abzug gebracht worden.
Diese Feststellungen beruhen auf den Angaben des Betroffenen in der Hauptverhandlung, soweit ihnen gefolgt werden konnte, dem mit dem Betroffenen in Augenschein genommenen Videoband von der Messung, sowie dem Auszug aus dem Verkehrszentralregister.
Der Betroffene hat sich danach einem zumindest fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 (Zeichen 274), 49 StVO, 24 StVG schuldig gemacht.
Der Betroffene hat sich dahingehend eingelassen, dass er bei seiner Fahrt erheblich durch den nachfahrenden Pkw bedrängt wurde. Der Polizeiwagen sei dicht auf ihn aufgefahren. Es sei nicht erkennbar, in welchem Abstand hinterher gefahren wurde. Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Messung bestünden erhebliche Bedenken. Anhand des Video's war eindeutig erkennbar, dass der Polizeiwagen nicht zunahe auf den Pkw des Mandanten aufgefahren ist. Vielmehr ist der Betroffene offensichtlich über eine längere Strecke zu schnell gefahren.
Der eigentliche Messvorgang beschränkte sich jedoch auf 300 Meter.
Um die Umwegbarkeiten des Messverfahrens zu berücksichtigen, reicht der Toleranzabzug von 5 % aus. Der Zeuge S., der in der Messung durch Nachfahren erfahren ist, schilderte, dass er während der Fahrt mehrere Messungen durchgeführt habe. Der Betroffene habe sich während der Messung noch entfernt, sei damit noch schneller gewesen, als ihm vorwerfbar angegeben wurde. Das von dem Zeugen benutzte Fahrzeug besaß einen geeichten Tacho. Er hatte die Bedienungsvorschriften eingehalten und die Funktionsfähigkeit vor Beginn der Messung überprüft.
Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug blieb gleichbleibend bzw. vergrößerte er sich noch durch das schnellere Fahren des Betroffenen."
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Rüge materiellen Rechts auch - zumindest vorläufig - Erfolg. Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 52 km/h jedenfalls bislang nicht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu u. a. wie folgt Stellung genommen:
"Nach gefestigter Rechtsprechung gehört zu den Mindestanforderungen, die an die Feststellungen eines wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes verurteilenden Urteils zu stellen sind, unter anderem die Angabe des angewandten Messverfahrens sowie die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit (OLG Hamm, MDR 2000, 881; OLG Hamm, Beschluss vom 22.09.2003 - 2 SsOWi 518/03 -; OLG Braunschweig, NVZ 1995, 367; BGH NJW 998, 321; OLG Köln, DAR 1999, 516). Diesen Anforderungen genügen die Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht. Vielmehr wird in dem Urteil lediglich ausgeführt, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 52 km/h durch den Zeugen S. durch Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug über eine Messstrecke von 300 m festgestellt worden war. Zwar ist dem Urteil weiter zu entnehmen, dass das Amtsgericht bei Ermittlung der Geschwindigkeit einen Toleranzabzug von 5 % in Ansatz gebracht hat; indes mangelt es in den Feststellungen an ausreichenden Ausführungen in Bezug auf das angewandte Messverfahren. Es bleibt nämlich nahezu offen, ob auf der Messstrecke ein sog. standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen war, wofür der relativ gering festgesetzte Toleranzwert von 5 % sprechen könnte oder ob die Messung durch bloßes Nachfahren erfolgte. Ungeachtet dessen, dass in diesem Fall aufgrund der mit e...