Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 20.02.1991; Aktenzeichen 7 T 741/90) |
AG Essen (Aktenzeichen 86 VI 1158/89) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 127.839,87 DM festgesetzt.
Gründe
Die verwitwete und kinderlose Erblasserin ist im Alter von fast … Jahren verstorben. Ihr Ehemann … war bereits am … vorverstorben.
Nach dem Tode der Erblasserin eröffnete das Amtsgericht am 23.08. und 06.09.1989 zwei handschriftliche Schriftstücke in DIN A 5 Format, die folgenden Wortlaut haben:
1.)
„… d. …
…
Unser letzter Wille.
Wir wollen nicht, das unser Nachlas an allem in der Familie verteilt wird. Wir wollen das es nur einer übernimmt, den wir selbst bestimmen.
…”
2.)
„… d. …
Unser letzter Wille!
Wir wollen nicht das unser Nachlass in der ganzen Familie verteilt wird. Wir wollen das es nur einer übernimmt Es ist der den wir bestimmen. Er kann darüber ganz verfügen
…”.
Das undatierte Schriftstück weist in dem Zwischenraum zwischen dem Text und den Unterschriften in zwei diagonal verlaufenden Zeilen zu vier Worteinheiten verbundene Schriftzeichen sowie im oberen Bereich drei weitere unverbundene Schriftzeichen auf. Nach den Angaben des im Verfahren vernommenen Zeugen … ist der Text des Testamentes vom „18.05.1978 ohne den Zusatz” von der Erblasserin geschrieben.
Die Erblasserin lebte nach dem Tode ihres Ehemannes allein in einer gemieteten Wohnung in …. Sie war durch ein Beinleiden in den letzten Jahren zunehmend gehbehindert. Nach einer Augenoperation war sie außerdem stark sehbehindert und konnte schließlich nur noch mit Hilfe einer Lupe lesen. Sie selbst und ihr Haushalt verwahrlosten in den letzten Jahren zunehmend. Aufgrund ihrer egozentrischen Persönlichkeitsstruktur bestanden kaum noch Kontakte zu ihren Verwandten, nachdem sie von diesen verschiedentlich auf die schlechten Zustände in ihrem Haushalt hingewiesen worden war. Hilfeleistungen von dritter Seite lehnte sie grundsätzlich ab. Sie war in besonderem Maße darauf bedacht, das von ihr und ihrem Ehemann ersparte Geld zusammenzuhalten und nicht für von ihr als nutzlos erachtete Dinge auszugeben (beispielsweise für eine Kostenbeteiligung an der ihr von dem Vermieter angebotenen Einrichtung einer Gasheizung, die die vorhandenen Kohleöfen ersetzen sollte). Obwohl sich ihr Gesundheitszustand in der letzten Zeit vor ihrem Tode ständig verschlechterte, lehnte sie eine ärztliche Behandlung ab; den praktischen Arzt … in … suchte sie zuletzt am 21.01.1986 auf. Die von der Erblasserin hinterlassenen Bankguthaben belaufen sich auf einen Betrag von rund 130.000,– DM.
Der Beteiligte zu 1) hat am 05.09.1989 zu Protokoll des Rechtspflegers des Amtsgerichts die Erteilung eines Erbscheines beantragt, der ihn aufgrund testamentarischer Erbfolge als Alleinerben ausweisen soll. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen:
Er sei der einzige gewesen, der sich in den letzten Jahren um die Erblasserin gekümmert habe. Die Erblasserin habe ihn gegenüber darüber geklagt, daß sich ihre Verwandten von ihr abgewandt hätten. Sie habe ihm bereits in früherer Zeit beide Testamente gezeigt und dazu erklärt: Das datierte Testament sei zuerst niedergeschrieben und, nachdem darin gestrichen worden sei, durch ein neues ersetzt worden. Sie, die Erblasserin, brauche jetzt nur noch den Namen des Berechtigten in das Testament einzutragen. Dabei sei allein ihre Entscheidung maßgebend und ausreichend, ohne daß es der Zuziehung eines Notars bedürfe.
Die Erblasserin habe einen eisernen Willen gehabt, ihr Geisteszustand sei noch bis 14 Tage vor ihrem Tod hervorragend gewesen. Im März 1989 habe die Erblasserin ihm, dem Beklagten zu 1), eröffnet, daß sie nunmehr seinen Namen in das Testament eingesetzt habe. Im Mai 1989 habe er dieses Testament erstmals gesehen, in dem die Erblasserin in den Zwischenraum zwischen Text und Unterschrift seinen Vor- und Zunamen eingetragen sowie mit ihrem Vor- und Zunamen erneut unterschrieben habe. Im Mai 1989 habe die Erblasserin in Gegenwart seines Kollegen … eine zusätzliche maschinenschriftlich vorbereitete Erklärung unterschrieben, in der sie die Bestimmungen über die Beerdigungsformalitäten, die Todesanzeige und die Verwendung ihrer Möbel und Kleidungsstücke getroffen habe.
Die Beteiligten zu 2) bis 11) sind die Abkömmlinge zweier vorverstorbener Geschwister der Erblasserin und kommen als gesetzliche Erben in Betracht. Sie sind, soweit sie eine Stellungnahme zum Verfahren abgegeben haben, dem Erbscheinsantrag entgegengetreten und haben im wesentlichen geltend gemacht: Das datierte und das undatierte gemeinschaftliche Testament der Eheleute enthielten selbst keine letztwillige Verfügung. Die hinzugefügten Schriftzeichen in dem undatierten Schriftstück stammten nicht von der Hand der Erblasserin. Diese sei jedenfalls zum Zeitpunkt der Einfügu...