Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahren ohne Fahrerlaubnis. Konkurrenzen. Unterbrechung der Fahrt durch Polizeikontrolle
Leitsatz (amtlich)
Die Dauerstraftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis endet nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig erst mit Abschluss einer von vornherein für einen längeren Weg geplanten Fahrt und wird nicht durch kurze Unterbrechungen in selbständige Taten aufgespalten.
Eine Fahrtunterbrechung durch eine Polizeikontrolle, die lediglich eine Ordnungswidrigkeit zum Gegenstand hat, führt nicht zur Aufspaltung in zwei selbständige Taten, wenn der Täter sich gerade für einen solchen Zweck ein fremdes Ausweispapier verschafft hat, um den Nichtbesitz einer Fahrerlaubnis im Falle einer Kontrolle zu verschleiern und ungehindert weiterfahren zu können.
Normenkette
StVG § 21; StGB §§ 52-53
Verfahrensgang
LG Detmold (Entscheidung vom 06.10.2016; Aktenzeichen 22 Ns 5/17) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Detmold hatte die Angeklagte mit Urteil vom 06.10.2016 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen sowie wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von noch zwei Jahren verhängt. Gegen das Urteil legten die Staatsanwaltschaft und die Angeklagte Berufung ein. In der Berufungshauptverhandlung wurde ein Vorwurf eines Verstoßes gegen § 21 StVG nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Das Landgericht Detmold hat mit dem angefochtenen Urteil - unter Verwerfung der beiden Berufungen im Übrigen -das amtsgerichtliche Urteil teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
"Die Angeklagte wird wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen und wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten darf ihr keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden."
Zur Tat hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
"Im Jahre 2015 war und noch immer ist die Angeklagte nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis. Gleichwohl schaffte sie sich im September 2015 einen Pkw Corsa an. Dieser wurde auf den Namen ihres damaligen, mittlerweile verstorbenen Lebensgefährten T angemeldet. Den Unterhalt für das Auto zahlte die Angeklagte. Das Fahrzeug parkte zunächst regelmäßig auf einem Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung. Die Angeklagte war es auch, die den einzigen Schlüssel hatte. Wenn sie irgendwo hingebracht werden musste, kam ihr Vater, der Zeuge L3 und fuhr sie mit ihrem Fahrzeug. Der Zeuge wohnt etwa 5 km entfernt von der Angeklagten. Wenn er die Fahrt absolviert hatte, stellte er den Pkw auf den Parkplatz zurück. Die Angeklagte nahm den Schlüssel wieder mit in ihre Wohnung. So wurde das bis Anfang November 2015 gehandhabt. Ab diesem Zeitpunkt nahm der Zeuge L3 den Pkw Corsa mit nach Hause. Regelmäßig parkte das Fahrzeug nun vor seiner Wohnung. Wenn die Angeklagte gefahren werden musste, holte er sie von zu Hause ab.
Bevor das Auto ab Anfang November 2015 regelmäßig bei ihrem Vater stand, benutzte es die Angeklagte zumindest in einem Fall:
Am 28.10.2015 gegen 1.30 Uhr befuhr sie mit diesem Fahrzeug unter anderem die I- Straße in E2. Hier geriet sie in eine Polizeikontrolle, die von den Zeugen E, PK Q und L4 durchgeführt wurde. Die Zeugin E war damals Praktikantin und führte die Kontrolle unter der Aufsicht von PK Q durch. Der Zeuge L4 war der sichernde Beamte. Bei dieser Kontrolle stellte sich heraus, dass die Angeklagte keine Warnweste dabei hatte. Ihr war klar, dass sie ohne Fahrerlaubnis nicht mit dem Fahrzeug hätte fahren dürfen. Um nicht aufzufallen, zeigte sie bei der Kontrolle den Führerschein der Ehefrau ihres Bruders, der Zeugin L2, vor. Da es dunkel war und sich beide Frauen nicht völlig unähnlich sehen, fiel der Zeugin E nicht auf, dass ihr der auf eine andere Person ausgestellte Führerschein gezeigt wurde. Wie die Angeklagte in den Besitz des Führerscheins der Ehefrau ihres Bruders gelangt war, konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden. Die fehlende Warnweste wurde mit einem Verwarnungsgeld geahndet. Da es nicht an Ort und Stelle gezahlt werden konnte, nannte die Angeklagte als Anschrift diejenige der L2, deren Führerschein sie auch vorgezeigt hatte. An deren Adresse wurde die entsprechende Rechnung geschickt."
Gegen das Urteil wendet sich die Angeklagte mit der Rüge einer Verletzung des § 261 StPO sowie mit der Sachrüge. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Die Revision der Angeklagten hat auf die Sachrüge hin - zumindest vorläufig - Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 St...