Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen Vollz 52/09)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 09.11.2010; Aktenzeichen 2 BvR 2553/09)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung zugelassen.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Betroffenen zur Last.

 

Gründe

I.

Der Betroffene, der wegen Mordes, Totschlags, Vergewaltigung und Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden ist, hatte unter dem 11.09.2008 gegen die Ablehnung der Gewährung von Vollzugslockerungen in Form von Begleitausgängen auf gerichtliche Entscheidung durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg angetragen.

Diese erließ in dem unter dem Aktenzeichen Vollz 103/08 geführten Verfahren mit Beschluß vom 31.10.2008 eine Entscheidung dahingehend, dass die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, die Gewährung von Begleitausgängen abzulehnen, aufgehoben wird; zugleich verpflichtete die Strafvollstreckungskammer die Justizvollzugsanstalt, den Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

In der Folgezeit sprach sich zwar die Justizvollzugsanstalt für die begehrte Gewährung von Begleitausgängen aus, sah sich jedoch an einer förmlichen Neubescheidung des Betroffenen gehindert, weil für Bewilligung von Vollzugslockerungen die Zustimmung des Justizministeriums erforderlich ist. Die Justizvollzugsanstalt legte daher die Vorgänge dem Justizministerium zur Entscheidung über die Zustimmung zu den beantragten Vollzugslockerungen vor.

Nachdem in der Folgezeit - trotz Nachfrage der Verfahrensbevollmächtigten - seitens des Justizministeriums keine Entscheidung getroffenen worden war, hat der Betroffene unter dem 24.03.2009 bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Form eines Vornahmeantrags gemäß § 113 Abs. 1 StVollzG gestellt, mit dem er zugleich die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt begehrt, ihm unter gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung des Justizministeriums Begleitausgängen zu gewähren bzw. hilfsweise, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, seinen Antrag auf Genehmigung von Begleitausgängen unter Ersetzung der Zustimmung der Aufsichtsbehörde durch das Gericht neu zu bescheiden.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 04.05.2009 hat die Strafvollstreckungskammer antragsgemäß die Justizvollzugsanstalt verpflichtet, dem Betroffenen die Lockerungsstufe Begleitausgang zu gewähren. Zur Begründung hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, dass aufgrund der monatelangen Untätigkeit des Justizministeriums ein Unterlassen einer Maßnahme ohne zureichenden Grund im Sinne des § 113 StVollzG vorliege. In der Sache selbst sei die Verpflichtung zur Gewährung von Begleitausgängen auszusprechen gewesen, weil das diesbezügliche Ermessen der Justizvollzugsanstalt auf Null reduziert sei, da sich die Justizvollzugsanstalt offensichtlich allein aus formalen Gründen - Fehlen der Zustimmung - an einer positiven Entscheidung gehindert sehe.

Hiergegen hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt Werl frist- und formgerecht unter dem 25.05.2009 Rechtsbeschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei bereits unzulässig, weil die Strafvollstreckungskammer schon am 31.10.2008 in der Sache entschieden gehabt habe. Komme die Justizbehörde der in dieser Entscheidung ausgesprochenen Verpflichtung zur Neubescheidung nicht nach, bestehe im Nachgang keine Einwirkungsmöglichkeit des Gerichts mehr.

Im Übrigen sei auch keine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten, da aufgrund der ausstehenden Zustimmungsentscheidung durch das Justizministerium der innerbehördliche Meinungsbildungsprozeß gerade noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens könnten noch weitere Erkenntnisse gewonnen werden.

Zwischenzeitlich hat das Justizministerium mit Erlaß vom 08.06.2009 die erforderliche Zustimmung nicht erteilt, da aufgrund des immer noch unbearbeiteten Gefährdungspotentials des Gefangenen die Gewährung von Begleitausgängen nicht verantwortbar sei.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt, die der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat, hat in der Sache Erfolg.

Der (neuerliche) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 24.03.2009 ist unzulässig.

Das Strafvollzugsgesetz regelt die Frage der Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung nicht (vgl. Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 116 Rdz. 7 und § 120 Rdz 2, jeweils m.w.N.). Dementsprechend besteht praktisch keine Möglichkeit der Vollstreckung; anders als die VwGO in § 172 VwGO oder die ZPO in § 888 sieht das Strafvollzugsgesetz keine gerichtliche Möglichkeit vor, den Vollzug einer obsiegenden Entscheidung mittels eines Zwangsmittels durchzusetzen. Es kann gegebenenfalls nur im Wege der Dienstaufsicht. Daraus folgt zugleich...

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