Leitsatz (amtlich)
1. Die Auslegung einer Auflassungsvollmacht, deren Umfang durch Bezugnahme auf den schuldrechtlichen Vertragsgegenstand beschrieben wird, der im Vorfeld der Durchführung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans die Veräußerung von Grundstücksteilflächen an die Stadt betrifft, deren Bestimmung ihr nach § 315 BGB übertragen wird, kann zu dem Ergebnis führen, dass die Vollmacht im Außenverhältnis uneingeschränkt erteilt ist.
2. Die Wirksamkeit der Vollmacht ist dann nicht von dem grundbuchverfahrensrechtlichen Nachweis der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts im Rahmen billigen Ermessens abhängig.
Normenkette
BGB § 925; GBO § 29
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 16.09.2008; Aktenzeichen 23 T 142/08) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 160.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch notariellen Vertrag vom 22.1.2004 (UR-Nr. .../2004 des Notars T in H) verkaufte die Beteiligte zu 2. aus ihren ursprünglich im Grundbuch von H verzeichneten Grundstücken G1 noch zu vermessende Teilflächen an die Beteiligte zu 1., diese vertreten durch den Stadtamtsrat W als Gerneralbevollmächtigten. Nach dem Vorwort des Vertrags beabsichtigte die Beteiligte zu 1. für diesen Bereich die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 266 ("T2") zur Entwicklung von Wohnbauflächen. Dem Vertrag war u.a. als Anlage 2 ein in § 1 Abs. 2 in Bezug genommener Lageplan mit eingezeichneten Teilflächen beigefügt. In § 1 Abs. 4 des notariellen Vertrags war der Beteiligten zu 1. das Recht eingeräumt, "bereits bevor der Bebauungsplan rechtsverbindlich ist, nach Maßgabe der fortschreitenden Bauplanung die Bestimmung der Flächen gem. § 315 BGB (zu) treffen". § 8 Abs. 2 des Vertrags lautete wie folgt:
"Die Auflassung der gem. § 1 Abs. 2 dieses Vertrages verkauften Grundstücksflächen hat zu erfolgen, sobald der katasteramtliche Veränderungsnachweis für diese Flächen vorliegt.
Städtischer Verwaltungsdirektor Q und Stadtamtsrat W - und zwar jeder für sich allein - werden bevollmächtigt und beauftragt, namens der Verkäuferin und der Käuferin unter Befreiung von den Einschränkungen des § 181 BGB die nach § 1 Abs. 2 verkauften Grundstücksflächen auf die Käuferin aufzulassen und alle dazu erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.
Die Bevollmächtigung erstreckt sich auch auf die Abgabe der Identitätserklärung und von verbindlichen Erklärungen im Rahmen der Vermessung und bei der Beteiligung an Grenzverhandlungen.
Die Bevollmächtigten sind ferner berechtigt, dem Grundbuchamt und Behörden gegenüber alle zur Durchführung dieses Vertrages erforderlichen Erklärungen mit Wirkung für und gegen die Vertragsparteien abzugeben und entgegenzunehmen. Sie sind insbesondere befugt, Anträge zu ändern, neu zu stellen und zurückzunehmen."
Die G1 wurden in der Folgezeit aufgeteilt. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind drei Grundstücke, die aus dem ehemaligen Flurstück ... hervorgegangen sind.
Das Grundstück G1 Flurstück ... wurde am 7.11.2005 zunächst in das Grundbuchblatt ... übertragen und dort unter der laufenden Nr. 6 des Bestandsverzeichnisses eingetragen. Später wurde das Flurstück ... in sieben Flurstücke zerlegt, die am 17.8.2007 im Grundbuchblatt ... unter den laufenden Nr. 20 bis 26 des Bestandsverzeichnisses eingetragen wurden. Hierzu gehörten auch die streitgegenständlichen Flurstücke ... (lfd. Nr. 20),... (lfd. Nr. 21) und ... (lfd. Nr. 22).
Der Bebauungsplan Nr. 266 "T2", der auch die Flurstücke ...,... und ... betrifft, wurde am 21.9.2007 beschlossen und ist inzwischen rechtskräftig.
Am 16.11.2007 gab der Stadtamtsrat W in einer Verhandlung vor dem Notar T (UR-Nr. 380/2007) namens der Beteiligten zu 1. und 2. weitere Erklärungen ab. Unter anderem stellte er fest, dass das Flurstück ... vermessen worden sei in die Flurstücke ...,...,...,...,...,... und ... Außerdem heißt es in dieser Urkunde auszugsweise wie folgt:
"Ich stelle fest, dass es sich bei den mit Kaufvertrag vom 22.1.2004 - UR 17/04 des beurkundenden Notars verkauften Teilflächen nach Vermessung und Katasterneubezeichnung um folgende Flächen handelt:
a) Öffentliche Verkehrsflächen:...
b) G1 Flurstück ... in Größe von 1.189 qm..
c) Öffentliche Grün- bzw. Ausgleichsflächen:..
G1 Flurstück ... in Größe von 286 qm
G1 Flurstück ... in Größe von 196 qm ...
Verkäuferin und Käuferin sind sich über den Übergang der vorgenannten Flurstücke von der Verkäuferin auf die Käuferin einig und bewilligen und beantragen die Eintragung der Eigentumsänderung auf die Käuferin im Grundbuch ..."
Die Beteiligte zu 2. machte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.11.2007 ggü. dem Grundbuchamt geltend, dass die "Identitäts- und Auflassungserklärung" des Herrn W vom 16.11.2007 nicht von der im notariellen Vertrag vom 22.1.2004 erteilten Vollmacht gedeckt sei, da die Flurstücke ... und ... gar nicht und das Flurstück ... teilweise nicht von den im Lageplan Anlage 2 zum Vertrag vom 22.1.200...