Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsunterhalt bei berufsvorbereitender Maßnahme
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Jugendlicher auch nach Absolvierung eines berufsvorbereitenden Lehrgangs Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu finden, und wird ihm daher eine weitere berufsvorbereitende Maßnahme angeboten, besteht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt fort.
Verfahrensgang
AG Hamm (Beschluss vom 15.09.2003; Aktenzeichen 31 F 367/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten vom 16.9.2003 wird der Beschluss des AG Hamm vom 15.9.2003 abgeändert.
Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Abänderungsklage bewilligt.
Gründe
I. Der Kläger hat an seinen Sohn M., den Beklagten, auf Grund des Urteils des AG Hamm vom 13.12.1999 monatlichen Unterhalt von 421 DM = 215,25 Euro zu zahlen.
M. hat nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule bis zum 31.11.2003 die Berufsgrundschule im Bereich Elektrotechnik besucht und danach bis Ende Juli beim Kolpingwerk einen berufsvorbereitenden Lehrgang als Maler oder Schreiner absolviert. Seine anschließenden Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz sind erfolglos geblieben. In einer Beratung durch das Arbeitsamt Hamm am 6.8.2003 ist ihm ein weiterer berufsvorbereitender Lehrgang in Aussicht gestellt worden, sofern er Eigenaktivität in Form von Bewerbungen nachweise (Bl. 15). Diese Voraussetzungen hat er erfüllt und nimmt ab dem 1.11.2003 an einer weiteren berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme beim Kolpingwerk teil (Bl. 44).
Der Kläger hat eine Abänderungsklage erhoben, mit der er den Wegfall seiner bisherigen Unterhaltsverpflichtung ab September 2003 erreichen will. Er macht geltend, sein Sohn sei nicht mehr bedürftig, weil er sich mangels ausreichender Bewerbungen so behandeln lassen müsse, als habe er einen Ausbildungsplatz oder eine Erwerbstätigkeit mit bedarfsdeckenden Einkünften gefunden. Der Beklagte will sich gegen die Klage verteidigen und macht geltend, er habe sich auf verschiedene Ausbildungsstellen beworben, aber keinen Erfolg gehabt, so dass er nun einen weiteren berufsvorbereitenden Lehrgang absolvieren müsse. Er sei deshalb weiter bedürftig.
Das AG hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Klage mit der Begründung versagt, nach Eintritt der Volljährigkeit komme nur noch ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt in Betracht, der aber nicht durchgreife, weil er seit Anfang September keine Ausbildung mehr absolviere und sich daher fiktive Einkünfte aus einer ungelernten Erwerbstätigkeit zurechnen lassen müsse. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit der Beschwerde, mit der er seinen Antrag auf Bewilligung von PKH weiterverfolgt.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Das AG hat den Beklagten vorschnell darauf verwiesen, seinen Lebensunterhalt (ohne Karenzfrist für die Suche nach einem Arbeitsplatz) selbst zu verdienen, obwohl vorgetragen war, dass ein weiterer berufsvorbereitender Lehrgang geplant sei. Es ist daher vom Fortbestand des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt gem. § 1610 Abs. 2 BGB auszugehen, so dass die Verteidigung des bisherigen Titels hinreichende Erfolgsaussicht bietet. Eltern schulden ihren Kindern die Vorbildung zu einem angemessenen Beruf, der ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Da der Beklagte bisher keine Berufsausbildung absolviert hat und die nunmehr ins zweite Jahr verlängerte berufsvorbereitende Bildung diesem Ziel dient, besteht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt fort. Zwar kann der Anspruch entfallen, wenn der Jugendliche seine Ausbildung nicht mit Ernst und hinreichender Erfolgsaussicht betreibt, bisher ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem Beklagten Wille oder Fähigkeit zu einem qualifizierten Berufsabschluss fehlen, auch wenn der bisherige Ausbildungsverlauf den Schluss erlaubt, dass seine augenblicklichen Leistungen den Anforderungen der Ausbildungsbetriebe noch nicht genügen. Gleichwohl hat das Arbeitsamt Anlass gesehen, ihm eine weitere Chance zur Verbesserung seiner Ausbildungsqualifikation zu geben. Dann ist auch rechtlich geboten, einen Unterhaltsanspruch für diese weitere notwendige Qualifizierungsphase zu gewähren.
2. Soweit der Kläger einwendet, er sei nicht hinreichend leistungsfähig, fehlen bisher alle Belege zu seinen Einkommensbehauptungen. Auch das steht daher der Bejahung hinreichender Erfolgsaussicht für die Verteidigung des Beklagten nicht entgegen.
Fundstellen
Haufe-Index 1118839 |
FamRZ 2004, 1131 |
FuR 2004, 304 |
OLGR Hamm 2004, 85 |