Verfahrensgang
AG Krefeld (Aktenzeichen 3 C 73/91) |
LG Krefeld (Aktenzeichen 3 S 104/91) |
Tenor
§ 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) ist nicht entsprechend anwendbar, wenn Mieter und Vermieter sich in einem Prozeßvergleich auf einen höheren Mietzins geeinigt haben.
Tatbestand
I.
Die Beklagte ist Wohnungsmieterin. Der Kläger ist durch Erbgang ihr Vermieter geworden.
In einem vorausgegangenen Rechtsstreit auf Zustimmung zur Mietzinserhöhung wegen veränderter Vergleichsmieten und wegen eines Modernisierungszuschlages (§§ 2, 3 MHG) schlossen die Parteien einen Prozeßvergleich, wonach die Miete rückwirkend ab 01.09.1989 von zuvor 550,– DM auf 723,79 DM angehoben wurde. Der Vergleich wurde innerhalb der vereinbarten Widerrufsfrist zum 05.12.1990 nicht widerrufen.
Mit Schreiben vom 22.12.1990 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung des Mietrückstandes für die Monate September 1989 bis Dezember 1990 in Höhe von 1.980,64 DM auf, kündigte mit Anwaltsschreiben vom 04.01.1991 fristlos zum 31.01.1991 und forderte die Beklagte zur Räumung auf.
Mit seiner der Vorlage zugrundeliegenden Klage vom 04.02.1991 begehrt der Kläger Räumung der Mietwohnung und Zahlung von inzwischen aufgelaufenen 2.054,43 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat sich auf Minderung berufen, Gegenforderungen geltend gemacht und die Ansicht vertreten, die Kündigung sei wegen § 9 Abs. 2 MHG verfrüht. Das Amtsgericht hat den Räumungsanspruch durch Teilurteil abgewiesen, weil der Kläger verfrüht, nämlich nicht unter Einhaltung der Frist von zwei Monaten seit Vergleichsabschluß gekündigt habe (§ 9 Abs. 2 MHG analog).
Das Landgericht, welches über die vom Kläger gegen das Teilurteil eingelegte Berufung zu befinden hat, hat dem Senat folgende Frage, der es grundsätzliche Bedeutung beimißt, zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Ist § 9 Abs. 2 MHG entsprechend anzuwenden, wenn Vermieter und Mieter sich in einem Prozeßvergleich auf einen höheren Mietzins geeinigt haben?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist nach § 541 Abs. 1 S. 1 ZPO in der seit dem 01.04.1991 gültigen Fassung zulässig.
Die Vorlagefrage ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Landgerichts entscheidungserheblich. Sie ist auch von grundsätzlicher Bedeutung. Sie kann sich in der Praxis wiederholt stellen. Sie wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet und ist, soweit ersichtlich, durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden.
III.
Die vorgelegte Rechtsfrage war wie aus der Beschlußformel ersichtlich zu beantworten.
1.
§ 9 Abs. 2 MHG, der den Kündigungsschutz des Mieters bei Zahlungsverzug nach Mieterhöhungen (§§ 1 bis 7 MHG) erweitert und eine Vermieterkündigung allein wegen Nichtzahlung der Erhöhungsbeträge erst nach Ablauf von zwei Monaten ab Rechtskraft des auf Zahlung der Erhöhungsbeträge oder auf Zustimmung in die geforderte Mieterhöhung (§ 2 MHG) lautenden Urteils zuläßt, ist im Falle der Streitbeendigung durch Prozeßvergleich nicht unmittelbar anwendbar (allgemeine Meinung). Über eine entsprechende (analoge) Anwendung dieser Vorschrift für den Fall einer Prozeßbeendigung durch Prozeßvergleich gehen die Meinungen auseinander.
Für eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 2 MHG bei einer Beendigung des Rechtsstreites durch Prozeßvergleich sprechen sich Barthelmess, 2. WKSchG, 3. Aufl., § 9 MHG Rz. 26; Palandt-Putzo, 50. Aufl., MHG § 9 Rz. 8; Schmid WuM 1982, 199 aus. Sie verweisen auf die allgemein anerkannten Ziele des § 9 Abs. 2 MHG, den um eine Mieterhöhung angegangenen Mieter in seinen Entschließungen, ob er einer geforderten Mietzinserhöhung zustimmen will oder nicht, auch nicht mittelbar durch eine sonst gemäß § 554 BGB wegen Zahlungsverzuges drohende Kündigung zu beeinflussen und ihm im Falle der Verurteilung zu erhöhten Leistungen hinreichend Zeit zu lassen, den Rückstand aufzubringen, und meinen, die Interessenlage des Mieters sei insoweit nach einer vergleichsweisen Übernahme der erhöhten Mietzinszahlungspflicht nicht anders als nach einer Verurteilung zur Zustimmung zu einer solchen Mieterhöhung. Denn auch der durch Vergleich zur Zahlung der Rückstände Verpflichtete brauche Zeit, den Restmietzins aufzubringen. Zudem dürfe der Mieter, der sich im Verlaufe des Rechtsstreits einsichtig zeige, nicht schlechter stehen als der, der es auf eine Verurteilung ankommen lasse (Schmid, a.a.O.).
Demgegenüber sind MK-Voelskow, 2. Aufl. MHG § 9 Rz. 14; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., § 9 MHG Rz. 9; Schade-Schubart-Wienicke, Soziales Miet- und Wohnrecht, MiethöheG § 9 Anm. 3; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. III 867 der Ansicht, der Gesetzeswortlaut schließe eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 MHG auf gerichtliche und außergerichtliche Vergleiche aus; der an einem Prozeßvergleich beteiligte Mieter benötigte den Schutz des § 9 Abs. 2 MHG auch nicht.
2.
Der Senat hält eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 2 MHG für unzulässig, wenn sich die Mietvertragsparteien in einem Prozeßvergleich über eine vom Vermieter geforderte Mietzinserhöhung geeinigt haben.
Grundsätzlich ist de...