Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann wegen langen Zeitablaufs zwischen Tat und Urteil von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann.
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Entscheidung vom 31.07.2002) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld wird auf Kosten der Landeskasse als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hatte den Betroffenen am 14.11.2001 wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 250,00 DM verurteilt. Von der Verhängung des Regelfahrverbotes gemäß Nr. 34. 2 der Anlage zur Bußgeldkatalogverordnung hatte es jedoch trotz einer Rotlichtzeit von mehr als einer Sekunde abgesehen und zur Begründung ausgeführt, dem Betroffenen sei durch Sonneneinstrahlung, durch seine heruntergeklappte Sonnenblende sowie durch einen zumindest auf einem Teil der Fahrstrecke parkenden Lieferwagen die Sicht auf die Lichtzeichenanlage teilweise versperrt worden. Darüber hinaus befinde sich die Lichtzeichenanlage an einer Örtlichkeit, an der zumindest nicht zwingend mit der Aufstellung einer derartigen Anlage zu rechnen sei.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte der Senat mit Beschluss vom 14.04.2002 das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 14.11.2001 im Rechtsfolgenausspruch nebst den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen. Der Senat hatte bemängelt, dass die Entscheidung des Amtsgerichts über das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes der rechtlichen Nachprüfung nicht standhalte. Der Umstand, dass der Betroffene die fragliche Lichtzeichenanlage nach seiner Einlassung überhaupt nicht wahrgenommen habe, begründe einen besonders groben Verkehrsverstoß, da der Betroffene ohne seine Fahrt auch nur zu verzögern in einen ampelgeschützten Verkehrsbereich eingefahren sei. Es entlaste den Betroffenen daher auch nicht, dass nach der im Übrigen nicht nachvollziehbar dargelegten Auffassung des Amtsrichters die Aufstellung einer Lichtzeichenanlage dort nicht zwingend geboten war. Der Betroffene habe sich auch nicht auf seine frühere Ortskenntnis verlassen dürfen, da sie sich auf eine Verkehrsregelung bezog, die er vor Jahrzehnten festgestellt hatte und auf deren Fortbestand er nicht vertrauen konnte. Auch die mögliche Blendung durch Sonneneinstrahlung stelle keinen Grund für ein Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes dar. Die Blendung durch Sonneneinstrahlung begründe vielmehr besondere Sorgfaltspflichten des Kraftfahrzeugführers gerade im Hinblick auf die möglichen besonders schwer wiegenden Folgen eines Rotlichtverstoßes. Der Kraftfahrer müsse in jedem Fall sein Verhalten den Lichtverhältnissen anpassen, bis er ausreichende Gewissheit über die bestehende Verkehrsregelung sowie über die konkrete Verkehrssituation erlangt habe.
Die Akten gelangten am 13.06.2002 zum Amtsgericht Bielefeld zurück. Die nunmehr zuständige Dezernentin des Amtsgerichts legte die Akte dem zuvor befassten Amtsrichter zur Kenntnis vor. Dieser verfügte in der Akte, dass er bei seiner Auffassung verbleibe und sandte die Akte daraufhin der nunmehr zuständigen Dezernentin zu. Diese beraumte Hauptverhandlungstermin auf den 31.07.2002 an. Der Betroffene wurde mit Verfügung vom 30.07.2002 auf seinen Antrag hin von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen vor dem Amtsgericht freigestellt. In der Hauptverhandlung vom 31. Juli 2002 erging dann das nunmehr erneut angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bielefeld. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 125,00 EUR. Von der Verhängung des Fahrverbotes sah das Amtsgericht erneut ab. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Vorliegend treffen nach tatrichterlicher Würdigung mehrere entlastende Umstände zusammen. Der Betroffene hat seinen Führerschein seit 30 Jahren und es liegen keine Vorbelastungen vor. Die Grenze zum Tatbestand des qualifizierten Rotlichtverstoßes (länger als eine Sekunde) ist lediglich um 0,6 Sekunden überschritten worden, somit geringfügig. Zwischen der Tat und dem Zeitpunkt der Entscheidung liegt bereits ein Jahr und fünf Monate. In der Zwischenzeit sind keine Verkehrsverstöße bekannt geworden. Die Verhängung eines Fahrverbotes erschien daher nicht mehr als angemessen. Von der Erhöhung der Geldbuße wurde abgesehen. Eine Erhöhung der Geldbuße erschien unter Berücksichtigung insbesondere des Zeitablaufs als nicht angemessen."
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ist der Ansicht, dass das Amtsgericht zu Unrecht von der Verhängung des Regelfahrverbotes abgesehen habe. Dies führt die Staatsanwaltschaft im Einzelnen aus.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat beantragt,
das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben ...