Leitsatz (amtlich)
Liegen zwischen Urteil und Tat mehr als zwei Jahre, kann ein Fahrverbot gegen den Betroffenen nicht mehr verhängt werden, es sei denn der lange Zeitablauf ist dem Betroffenen anzulasten, was bei Fehlern des Tatgerichts nicht der Fall ist.
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Entscheidung vom 25.02.2002) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld wird auf Kosten der Staatskasse als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hatte die Betroffene wegen einer am 16. 05. 2000 begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 32 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 400, 00 DM verurteilt, von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen die Betroffene jedoch abgesehen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte der Senat mit Beschluss vom 27. 09. 2001 das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen. Der Senat hatte mit näheren Ausführungen beanstandet, dass die Gründe des seinerzeit angefochtenen Urteils das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes nach Tabelle 1 a Buchstabe c laufende Nr. 5. 3. 3 nicht tragen.
Beim Amtsgericht in Bielefeld gingen die Akten nach der Entscheidung des Senates am 22. 11. 2001 wieder ein. Das Amtsgericht hat sodann mit Verfügung vom 27. 11. 2001 Termin zur Hauptverhandlung auf den 25. 02. 2002 bestimmt. Am 25. 02. 2002 hat das Amtsgericht Bielefeld die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 200, 00 Euro verurteilt und wiederum von der Verhängung des Regelfahrverbotes abgesehen.
Gegen dieses Urteil, das der Staatsanwaltschaft Bielefeld am 19. 03. 2002 zugestellt worden ist, hat die Staatsanwaltschaft mit am 22. 03. 2002 bei dem Amtsgericht Bielefeld eingegangen Schreiben Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie erneut das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und gegen die Betroffene eine Geldbuße in Höhe von 100, 00 Euro sowie unter Einräumung einer Frist gemäß § 25 Abs. 2 a Satz 1 StVG ein Fahrverbot von einem Monat festzusetzen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld hat in der Sache wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs zwischen der Tatzeit am 16. 05. 2000 und der Vorlage der Akten im Rechtsbeschwerdeverfahren an den Senat am 22. 05. 2002 keinen Erfolg.
Allerdings rügt die Staatsanwaltschaft Bielefeld völlig zu Recht, dass das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht von der Verhängung des Regelfahrverbotes abgesehen hat. Grob fehlerhaft war insbesondere, dass das Amtsgericht unter anderem entscheidend darauf abgestellt hat, ob die Betroffene im Falle eines Fahrverbotes ihre Tätigkeit (gemeint ist ihre berufliche Tätigkeit) "ordnungsgemäß ausführen kann". Ein derartiges Kriterium für das Absehen von dem nach dem Bußgeldkatalogverordnung an sich gebotenen Regelfahrverbot ist bislang in der Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nie zur Anwendung gebracht worden. Wollte man ernsthaft darauf abstellen, ob das Fahrverbot dazu führt, dass ein Betroffener seinen Beruf nicht mehr ordnungsgemäß - was immer dies bedeuten soll - ausüben kann, so blieben wohl nur wenige Fälle übrig, in denen man tatsächlich diese Hürde überwinden und ein Fahrverbot verhängen könnte. Die Heranziehung dieses Gesichtspunktes erfolgte durch das Amtsgericht damit erkennbar nur zweckgerichtet mit dem Ziel, hier die Verhängung eines Fahrverbotes zu vermeiden.
Ebenso grob fehlerhaft ist das Abstellen des Amtsgerichts darauf, dass der Verkehrsverstoß der Betroffenen als "Augenblicksversagen" zu bewerten sei. Bezeichnenderweise führt das Amtsgericht mit keiner Silbe aus, worin hier ein Augenblicksversagen der Betroffenen liegen sollte. Ein solches liegt tatsächlich auch mehr als fern, da die der Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung von ihr innerorts und noch dazu an einer Stelle begangen worden war, die ihr bereits aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit gut bekannt war. Das Abstellen auf ein Augenblicksversagen erscheint dem Senat hier daher ebenfalls allein durch die oben bereits festgestellte Tendenz des Amtsgerichts, auf alle Fälle ein Fahrverbot zu vermeiden, erklärlich.
Gleichwohl kam hier die Verhängung eines Fahrverbotes gegen die Betroffene aufgrund des Zeitablaufs seit Begehung der Tat am 16. 05. 2000 nicht mehr in Betracht. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift selbst ausgeführt, dass ein erheblicher Zeitablauf seit der Tat dazu führen kann, dass es einer erzieherischen Einwirkung auf den Täter durch die Verhängung eines Fahrverbotes nicht mehr bedarf, wobei dies bei einem Zeitraum von mehr als 2 Jahren zwischen T...