Leitsatz (amtlich)
Fahrer und Verlader sind für die Einhaltung der Vorschriften über die Beladung und die Handhabung nach Kapitel 7.5 ADR verantwortlich (§ 9 Abs. 13 GGVSE).
Halter und Beförderer haben dem Fahrzeugführer die zur Durchführung der Ladungssicherung erforderliche Ausrüstung zur Verfügung zu stellen (§ 9 Abs. 12 Nr. 7 GGVSE). Insoweit genügt es, dass sie die im Einzelfall benötigten Sicherungsmittel in ausreichender Anzahl an einem Standort zur Verfügung zu stellen, an dem sich der Fahrzeugführer ihrer ohne Schwierigkeiten bedienen kann. Die tatsächliche Benutzung der zur Verfügung gestellten Sicherungsmittel ist allein Sache des Verladers und des Fahrzeugführers. Diesbezüglich obliegt dem Halter und Beförderer auch keine Kontroll- und Überwachungspflicht.
Verfahrensgang
GStA Hamm (Aktenzeichen 6 Ss OWi 1147/12) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Betroffene wird auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen trägt, freigesprochen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht xxx hat den Betroffenen mit Urteil vom 07. September 2012 wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 37 Abs. 1 Nr. 6 o i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 15 GGVSEB und Abschnitt 7.5.7 ADR i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 GGBefG zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000,00 EUR verurteilt. Gegen dieses in Anwesenheit des Betroffenen verkündete und seinem Verteidiger auf Anordnung des Vorsitzenden vom 27. September 2012 am 08. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit am 07. September 2012 bei dem Amtsgericht xxx eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit am 11. Oktober 2012 bei dem Amtsgericht Essen eingegangenem Schreiben seines Verteidigers vom 08. Oktober 2011 unter näheren Ausführungen mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie vom Senat erkannt.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde, die rechtzeitig eingelegt und fristgerecht begründet worden ist, hat entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft mit der Sachrüge Erfolg.
Die tatrichterlichen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Nichtzurverfügungstellung von Ladungssicherungsmitteln als Beförderer von Gefahrgut nicht.
Das Amtsgericht hat hierzu u.a. folgende Feststellungen getroffen:
"Der 75-jährige Betroffene ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist als Transportunternehmer berufstätig und leitet einen Betrieb, zu dem nach Angaben des Betroffenen 11 Fahrzeuge gehören. Nach eigenen Angaben ist der Betroffene in dieser Branche seit seinem 18. Lebensjahr tätig. Seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse beschreibt der Betroffene als "geregelt". Wörtlich ergänzte der Betroffene: "Mit dem Einkommen der letzten Jahre war ich zufrieden."
Über Vorbelastungen des Betroffenen in seiner Funktion als Beförderer ist dem Gericht nichts bekannt. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass der Betroffene insoweit nicht vorbelastet ist.
Am 27.5.2010 gegen 22.17 Uhr befuhr der Zeuge xxx mit einer Sattelzugmaschine mit Anhänger (amtliche Kennzeichen: XXX) die Autobahn 2 aus den Niederlanden kommend. In Gelsenkirchen wurde der Zeuge angehalten. Sein Fahrzeug wurde vom Bundesamt für Güterverkehr überprüft. Halter der Fahrzeuge war die Firma des Betroffenen, nämlich die Spedition xxx. Der Fahrer fuhr im Auftrag des Betroffenen.
Bei der Überprüfung wurde festgestellt, dass die Ladung mangelhaft gesichert oder gar völlig ungesichert war. Die Ladung bestand aus Gegenständen verschiedener Art, die überwiegend in Kartons verpackt waren. Das Gesamtgewicht der Ladung lag über 8 Tonnen. Zur Ladung des Fahrzeugs gehörte auch Gefahrgut, nämlich 50 Kilogramm Farbe, die in 4 Stahlfässern verpackt war. Die UN-Nummer des Gefahrguts lautet 1263. Es handelt sich um Gefahrgut der Klasse 3 mit dem Klassifizierungscode F 1. Die Nummer der Gefahrzettelmuster lautet 3. 45 kg Farbe waren in 3 Stahlfässern der Verpackungs-
grupe III untergebracht. 5 kg Farbe befanden sich in einem Stahlfass der Verpackungsgruppe II.
Das Gefahrgut stand auf der Ladefläche des Anhängers ungesichert inmitten anderer Ladungsgüter auf der Ladefläche eines Curtainsiders. Rutschhemmende Mittel wurden auf allen Ebenen nicht verwendet. Die Versandstücke waren untereinander nicht formschlüssig. Ladelücken waren vorhanden. Da das Verdeck mit den Spriegeln keine Ladungssicherheit darstellt, war die Ladung insgesamt ungesichert. Einige Versandstücke waren bereits verrutscht bzw. übereinander gestürzt. Die einzelnen Versandstücke waren auf Paletten geladen. Die darum angebrachte Schrumpffolie umschloss jedoch die Palette nicht, so dass auch keine wirksamen Verladeeinheiten hergestellt wurden. Somit entfalteten auch die Palettenanschlagleisten keine Wirkung.
Eine Ladungssicherung mit Zurrgurten war so nicht möglich. Vorhandene Zurrpunkte am Anhängerboden waren zugestellt.
Eine Ladungssicherung an Ort und Stelle war nicht möglich. Zurrgurte und ...