Leitsatz (amtlich)
1.
Bei der Rüge der unzulässig unterbliebenen Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen obliegt es dem Betroffenen, darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht seinem Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG hätte stattgeben müssen.
2.
Die Entscheidung über den Entbindungsantrag ist nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Vielmehr ist das Gericht verpflichtet, dem Entbindungsantrag zu entsprechen, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen.
Verfahrensgang
AG Hamm (Entscheidung vom 14.12.2004) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hamm zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Oberbürgermeister der Stadt Hamm hat mit Bußgeldbescheid vom 9. Januar 2004 gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße von 75,- EUR festgesetzt. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht mit Urteil vom 14. Dezember 2004 verworfen. In den Urteilsgründen wird hierzu ausgeführt:
"Der Betroffene ist in dem heutigen Termin zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben.
Der Einspruch ist daher nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen worden."
Aus der Akte ergibt sich hierzu Folgendes:
Das Amtsgericht hat auf den Einspruch des Betroffenen nach Durchführung weiterer Ermittlungen Termin zur Hauptverhandlung auf den 14. Dezember 2004 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 18. November 2004 hat der Verteidiger des Betroffenen beantragt, diesen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu entbinden. Zur Begründung des Antrages ist ausgeführt, dass der Betroffene sich zur Sache nicht äußern werde. Er erkläre allerdings, bei Gelegenheit der vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung vom 28. Oktober 2003 Fahrer des PKW XXXXXXXXX gewesen zu sein. Weitere Erklärungen werde er nicht abgeben. Er werde sich keinesfalls auch auf eine Diskussion jedweder Art mit dem Herrn Abteilungsrichter/der Frau Abteilungsrichterin einlassen. Hierauf werde vorsorglich hingewiesen. Der Betroffene möchte insbesondere zum Beispiel auch nicht die Frage mit dem Gericht besprechen, ob er möglicherweise - falls es zu einer Verurteilung kommen sollte - vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt habe. Auch hierauf werde vorsorglich hingewiesen: Es schienen sich die Fälle zu häufen, in welchen mehr oder minder vorgeschobene Gründe dazu herhalten sollten, sogenannten Entpflichtungsanträgen nicht zu entsprechen.
Mit Beschluss vom 3. Dezember 2004 hat das Amtsgericht Hamm den Antrag, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu entbinden, abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG lägen nicht vor. Die Ausführungen zur Begründung des Antrages in der Schutzschrift vom 18. November 2004 seien nämlich widersprüchlich. Zunächst werde dort angekündigt, dass der Betroffene sich zur Sache nicht äußern werde. Sodann werde fortgefahren, dass er allerdings erkläre, "bei Gelegenheit der vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung vom 28. Oktober 2003 Fahrer des XXXXXXXXXX gewesen zu sein". Sodann werde wiederum betont, dass keine weiteren Erklärungen abgegeben würden. Wegen der Widersprüchlichkeit der Angaben in dem Entbindungsantrag hätte diesem nicht stattgegeben werden können.
Im Hauptverhandlungstermin am 14. Dezember 2004, zu dem weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen waren, hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen verworfen.
Gegen dieses dem Verteidiger des Betroffenen am 17. Dezember 2004 zugestellte Verwerfungsurteil hat der Betroffene mit Schreiben seines Verteidigers vom 21. Dezember 2004, am selben Tage eingegangen beim Amtsgericht Hamm, Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Diesen Antrag hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2004 begründet. Er rügt Verfahrensfehler, die er insbesondere darin sieht, dass das Amtsgericht den Betroffenen nicht von dem persönlichen Erscheinen entbunden und den Einspruch des Betroffenen verworfen hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Hamm zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuzulassen, da es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Dieser Zulassungsgrund wird durch § 80 Abs. 2 OWiG nicht eingeschränkt (vgl. OLG Düsseldorf NZV 1992, 43; OLG Köln NStZ 1988, 31; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 16 i).
1.
Die Verfahrensrüge des Betroffenen, mit der er die Gesetzwidrigkeit der Einspruchsverwerfu...