Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 4/22)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten nach Widerruf um Ansprüche betreffend einen Basisrentenversicherungsvertrag.

Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin einer Basisrentenversicherung bei der Beklagten mit der Vertragsnummer N01 (nachfolgend auch: streitgegenständlicher Vertrag). Die Basisrentenversicherung wurde in Vollziehung einer durch familiengerichtlichen Beschluss angeordneten internen Teilung nach §§ 10 ff. VersAusglG im Zuge der Scheidung der Klägerin von ihrem damaligen Ehemann, Herrn L., eingerichtet. Herr L. hatte im Jahr 2007 einen privaten Basisrentenversicherungsvertrag abgeschlossen. Bei Vertragsschluss wurde Herr L. über sein Widerrufsrecht gem. § 48c VVG a.F. wie auf Bl. 78 f. eGA-I ersichtlich belehrt.

Mit familiengerichtlichem Beschluss vom 30. Juli 2020 wurde u.a. angeordnet, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Herrn L. bei der Beklagten zugunsten der Klägerin ein Anrecht in Höhe von 143.032,21 Euro übertragen wird (Bl. 89 ff. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz - nachfolgend: eGA-I). Die Beklagte vollzog dies nach Maßgabe der bei ihr geltenden Teilungsordnung (Bl. 96 ff. eGA-I) durch die Einrichtung des streitgegenständlichen Vertrages (siehe dazu im Einzelnen den Versicherungsschein Bl. 99 ff. eGA-I) und die Übertragung der klägerischen Anrechte auf diesen.

Die Beklagte übermittelte der Klägerin den Versicherungsschein mit Schreiben vom 26. Januar 2021, bedankte sich für das ihr von der Klägerin "als Kunde" entgegengebrachte Vertrauen und wies zugleich darauf hin, dass der Vertrag "aus dem Versorgungsausgleichsverfahren entstanden" und der Versorgungsausgleich somit vollständig abgeschlossen sei (Bl. 103 f. eGA-I).

Der Versicherungsschein enthält auf den Seiten 3 und 4 eine Widerrufsbelehrung. Wegen des Belehrungswortlauts wird auf Bl. 101 f. eGA-I verwiesen. Mit Schreiben vom 29. September 2021 ließ die Klägerin über ihren hiesigen Prozessbevollmächtigten vorsorglich den Widerruf erklären (Bl. 9 ff., 11 eGA-I).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung der Wirksamkeit des "Widerspruchs" sowie - im Wege der Stufenklage - Auskunftserteilung über den Wert der streitgegenständlichen Versicherung sowie über angefallene Kosten und - nach Auskunftserteilung - Leistung begehrt (siehe zu den erstinstanzlichen Anträgen im Einzelnen Bl. 284 f. eGA-I). Das Landgericht hat die Klage, dem Antrag der Beklagten entsprechend, abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und die Berufungsbegründung verwiesen.

II. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist. Ergänzend und vertiefend zu den zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil gilt:

1. Ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG in der hier maßgeblichen, vom 13. Juni 2014 bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) besteht nicht. Bezugspunkt des Widerrufs ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. "die Vertragserklärung", also eine auf Abschluss (oder ggf. Abänderung) des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung des Versicherungsnehmers (vgl. Eberhardt in: Langheid/Wandt, MünchKomm VVG, 3. Aufl. 2022, 8 Rn. 19). Eine solche hat die Klägerin hier nicht abgegeben.

Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag ist in Vollziehung der internen Teilung nach §§ 10 ff. VersAusglG zustande gekommen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VersAusglG muss insoweit für die ausgleichsberechtigte Person, hier die Klägerin, ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht übertragen werden. Dies setzt, wie bereits aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, bei privaten Lebensversicherungsverträgen voraus, dass die ausgleichsberechtigte Person selbst versicherte Person wird (BT-Drucks. 16/10144, S. 56). Die Gesetzesbegründung verweist insoweit auf den Aufsatz von Frels, Rechtsfragen bei der Realteilung von privaten Lebensversicherungsverträgen im Versorgungsausgleich, VersR 1983, S. 112 ff. Dort heißt es zum alten Versorgungsausgleichsrecht (§§ 1587 ff. BGB a.F.), das insoweit erkennbar in das VersAusglG überführt werden sollte, dass der privatrechtliche Versicherungsvertrag aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch Hoheitsakt begründet und als sog. "diktierter Vertrag" zustande kommt, ohne dass es irgendwelcher Willenserklärungen der Bet...

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