Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Widerspruch nach einer externen Teilung durch das Familiengericht

 

Leitsatz (amtlich)

Nach externer Teilung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung durch Beschluss des Familiengerichts besteht ein Widerrufsrecht - jedenfalls im Ergebnis - nicht mehr (unter 1).

 

Tenor

I. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, ihre Berufung gegen das am 09.02.2023 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 II ZPO).

II. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Einwände der Klägerin hiergegen bleiben ohne Erfolg. Dies gilt sowohl für die Zahlungsklage bezüglich des Vertrags mit der Endnummer 294 (Vertrag "Nr. 2"), vgl. zu 1.) als auch für die mit der Stufenklage geltend gemachten Zahlungsansprüche hinsichtlich des Vertrags mit der Endnummer 705 (Vertrag "Nr. 1", vgl. zu 2.).

1. zum Vertrag mit der Endnummer 294 (Vertrag Nr. 1")

Der Widerruf der auf den Abschluss des Vertrags mit der Nummer N01-LV21 gerichteten Willenserklärung durch die Klägerin geht bereits deswegen ins Leere, weil ihr ein solches Widerrufsrecht nicht zustand. Jedenfalls hätte die Ausübung des Widerrufsrechts nicht dazu geführt, dass die Klägerin die Rückabwicklung des Vertrags und Leistung an sich verlangen könnte. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die in dem Antragsformular enthaltene Widerrufsbelehrung den Anforderungen von § 8 I VVG a.F. entsprach.

a) Ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 8 I VVG in der hier maßgeblichen, vom 13. Juni 2014 bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) bestand für die Klägerin nicht.

Nach § 8 I VVG kann und konnte nur eine "Vertragserklärung" also eine auf Abschluss (oder ggf. Abänderung) des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung des Versicherungsnehmers (vgl. Eberhardt in: Langheid/Wandt, MünchKomm VVG, 3. Aufl. 2022, 8 Rn. 19) widerrufen werden.

Eine solche - auf den Abschluss des Vertrags gerichtete - Willenserklärung hat die Klägerin nicht abgegeben.

Der Versicherungsvertrag ist nämlich in Vollziehung der externen Teilung nach §§ 14 ff. VersAusglG zustande gekommen. Nach § 14 I VersAusglG wird die externe Teilung vollzogen, indem das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger, hier bei der Beklagten begründet.

Diese Anordnung der externen Teilung ist ein richterlicher Gestaltungsakt. Bereits mit der Rechtskraft dieser Entscheidung wird zwischen der ausgleichsberechtigten Person und dem Träger der Zielversorgung unmittelbar ein Rechtsverhältnis begründet (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2013, XII ZR 39/10 und Beschluss vom 13.04.2016, XII. ZB 130/13). Die ausgleichsberechtigte Person erwirbt daher bereits mit Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die von dem Versorgungsträger nach seiner Versorgungsordnung gewährten Leistungen. Eine Willenserklärung für dieses - durch richterlichen Gestaltungsakt begründete - Rechtsverhältnis ist für die Begründung dieses Rechtsverhältnisses ebenso wenig erforderlich wie der versicherungsrechtliche Vollzug durch den Versorgungsträger (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Holzwarth, 7. Aufl. 2020, VersAusglG § 14 Rn. 18).

Aus diesem Grunde steht der Klägerin kein Widerrufsrecht nach § 8 VVG a.F. zu. Das Versicherungsverhältnis ist nicht durch ihre Vertragserklärung, sondern durch richterlichen Gestaltungsakt zustande gekommen.

b) Selbst wenn man dies aber vor dem Hintergrund anders sehen wollte, dass die Klägerin und die Beklagte durch Angebot und Annahme den hier in Rede stehenden Versicherungsvertrag geschlossen haben, womit die Parteien das bei der Beklagten bereits mit Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung begründete Anrecht der Klägerin modifiziert und konkretisiert haben, hätte die Berufung keinen Erfolg.

Da das Anrecht der Klägerin aus den oben genannten Gründen bereits mit der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung begründet wurde, würde ein Widerruf der "Vertragserklärung" durch die Klägerin nicht dazu führen, dass dieser Rückzahlungsansprüche nach den §§ 9, 152 VVG zustünden. Ein (wirksamer) Widerruf der Klägerin würde allenfalls dazu führen, dass der zwischen den Parteien zunächst geschlossene Versicherungsvertrag nicht zustande gekommen ist. Ungeachtet dessen verbliebe es aber dabei, dass das Anrecht der Kläger...

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