Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Widerspruch nach § 5a VVG a.F. bei einem Vertrag über eine Risikolebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Widerspruch bei einer Risikolebensversicherung: Aufzehrung durch genossen Versicherungsschutz (unter 3 b).

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die auf Rückabwicklung einer Risikolebensversicherung nach erklärtem Widerspruch gerichtete Zwischenfeststellungs- und auf Auskunft- und Rückzahlung gerichtete Stufenklage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 04.10.2023 (Bl. 112 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II und für die erste Instanz eGA-I) greifen nicht durch.

1. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen könnte, besteht nicht. Denn die Klägerin löste sich durch den von ihr erklärten Widerspruch nicht wirksam von dem Vertrag und erbrachte deshalb sämtliche Zahlungen mit Rechtsgrund.

a) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts stand der Klägerin ein Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 1 VVG in der vom 01.08.2001 bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung und nicht etwa ein Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. zu.

Denn der hier in Rede stehende Vertrag wurde nicht im Antrags-, sondern im Policenmodell geschlossen. Das ergibt sich daraus, dass unstreitig eine Information über die Antragsbindungsfrist fehlte. Deshalb wurde dem Kläger bei Antragstellung keine vollständige Verbraucherinformation erteilt (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2018 - IV ZR 68/17, r+s 2018, 472). Ein Ausnahmefall, in dem der Versicherungsnehmer ausnahmsweise kein berechtigtes Informationsinteresse an der Antragsbindungsfrist hatte, lag entgegen der Auffassung des Landgerichts hier nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein solcher Ausnahmefall nicht daraus, dass die Annahme des Antrags hier innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt sein mag (a.A. Thüringer OLG, Urteil vom 07.08.2021 - 4 U 1075/19, juris Rn. 52). Der Umfang der zu erteilenden Verbraucherinformation richtet sich bei einem Vertragsschluss im Antragsmodell nach dem Zeitpunkt der Antragstellung. So ist nach Auffassung des Senats auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu verstehen; die Ansicht des Thüringer Oberlandesgerichts steht der Zurückweisung der Berufung im Beschlussweg daher nicht entgegen. Was nach Stellung des Antrages passiert, ist für die Frage der Vollständigkeit der erteilten Verbraucherinformation demgegenüber ohne Bedeutung (so auch OLG Rostock, Beschluss vom 17.12.2020, 4 U 21/20, juris Rn. 7; OLG Dresden, Urteil vom 15.06.2021, 4 U 102/21, juris Rn. 15).

b) Die Widerspruchsfrist war im Zeitpunkt der Erklärung im Jahr 2020 abgelaufen, so dass die Klägerin nicht mehr wirksam widersprechen konnte.

aa) Die Klägerin übersieht, dass sie in dem Versicherungsschein vom 05.11.2003 (Bl. 100 f. eGA-I) über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. zutreffend und den Anforderungen des § 5a VVG a.F. entsprechend in drucktechnisch deutlicher Form belehrt worden ist.

Dort heißt es:

"Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers gemäß § 5a VVG:

Der Versicherungsnehmer kann dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen in Textform (z.B. schriftlich, per Fax oder per E-Mail) widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."

bb) Diese Belehrung in dem Versicherungsschein entspricht den formalen Anforderungen des § 5a Abs. 2 VVG a.F..

Nach dem Sinn und Zweck des Belehrungserfordernisses verlangt dies, dass die Belehrung in den Vertragsunterlagen nicht untergehen darf, sondern so deutlich hervorzuheben ist, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen kann, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (BGH, Urteil vom 28.01.2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497). Für eine solche Hervorhebung stehen dem Versicherer aber vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung; so kann die Hervorhebung durch Farbe, Schriftsatz und -größe, Einrückung, Einrahmung oder in sonstiger Weise geschehen (BGH, a.a.O.). Ob die Hervorhebung ausreichend ist, ist stets eine Frage des Einzelfalls und vom Tatrichter zu beurteilen.

Eine derartige Hervorhebung ist hier gegeben.

Die Belehrung beginnt in dem zweiseitigen Versicherungsschein am unteren Ende der ersten Seite und erstreckt sich auf die zweite Seite. Sie ist als einzige Textpassage in ...

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